Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

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Chemnitzer Ersatztruppen gehen an die Front 
Landung eines englischen Kriegsschiffes mit Gewalt ent- 
gegenzutreten. Dann stieg ich auf das Dach eines Hauses, 
um das Gefecht zu beobachten. 
Der Gegner der „Emden“ war der australisch-indische 
Kreuzer „Sydney“, ein Schiff, ungefähr doppelt so groß 
wie „Emden“, mit Seitenpanzern und erheblich schwererer 
Bewaffnung. In dem Kampf litt die „Emden“ durch das 
stärkere Kaliber stark. Der Gegner schoß schnell, aber sehr. 
schlecht. „Emden“ war sofort eingeschossen, und die Salven 
lagen vorzüglich im feindlichen Schiff, konnten aber gegen 
dessen Panzer nicht ankommen. Die Treffer des Gegners 
hatten große Wirkung in dem ungepanzerten Teil der 
„Emden“. Nach etwa einer Viertelstunde hatte „Emden“ 
bereite einen Schornstein verloren und brannte am Hinter- 
schiff stark. Sie stieß dann mit höchster Fahrt zum Tor- 
pedoschuß auf den Gegner zu. 
Später beobachtete ich von einem Dach aus. Jetzt stand 
die „Emden“ wieder in See wie anfangs, 4 bis so00 Meter, 
brennend. Als sie wieder auf den Gegner zudrehte, wurde 
der Fockmast weggeschossen. Beim Gegner waren keine 
äußeren Beschädigungen sichtbar, aber Nauchsäulen ver- 
rieten die Treffer. Dann nahm die „Emden“ nördlichen 
Kurs, ebenso der Feind, und ich mußte dastehen, knirschte 
und dachte: „Verdammt, die Emden brennt, und 
du bist nicht an Bord!“ Da nähert sich mir ein Eng- 
länder, der auf das Hausdach nachgekommen ist, grüßt 
höflich und fragt: „Captain, vou like to bave a tennis 
game with us7“ 
Die Schiffe verschwanden kämpfend unter dem Horizont. 
Mir schien ein unglücklicher Ausgang des Kampfes für 
die „Emden“ möglich, ebenso die Landung des Feindes auf 
Koeling-Island, mindestens zwecks Ausschiffung Verwun- 
deter und Einnahme von Proviant. Da ferner nach An- 
gabe der Engländer weitere Schiffe in der Nähe waren, 
sah ich die Gewißheit vor mir, wegen Munitionsmangel 
bald kapitulieren zu müssen. Aber um keinen Preis wollten 
ich und meine Leute in englische Gefangenschaft geraten. 
Wie ich das alles durchdenke, tauchen mit einem Male 
wieder die Masten unterm Horizont auf. Die „Emden“ 
östlich in langsamer Fahrt. Mätzlich schießt der Gegner 
in sehr hoher Fahrt vor, scheinbar dicht an die „Emden“ 
bheran, als eine hohe weiße Säule sich in dem schwarzen 
Rauch des Feindes zeigte. Das war ein Torpedo. Ich 
sehe, wie sich beide Schiffe zurückziehen, mit wachsender 
Distanz, sich trennen, bis sie in der Dunkelheit verschwinden. 
Das Gefecht hatte 
zehn Stunden gedau- 
ert, „Sydney“ brach 
das Gefecht ab, und 
dampfte langsam nach 
Westen, „Emden“ 
langsam nach Osten. 
Die Entfernung wur- 
de immer größer, das 
Artilleriefeuer ver- 
stummte, und beide 
Schiffe verschwanden 
in der Dunkelbeit. 
Ich gehe jetzt auf 
die Insel zurück. Cha- 
rakteristisch war wie- 
der das Benehmen 
der Engländer. Wäh- 
rend wir allerhand zu 
tun hatten, um den 
Strand zu befestigen, 
und während das Ge- 
fecht nur erst wenige 
tausend Meter ab war, 
kamen sie zu uns und forderten ung auf, Tennis 
zu spielen. Ebenso sagten sie uns später, sie wären recht 
froh, daß ihre Station zerstört sei, denn da alle anderen 
Kabel nach Australien bereits zerschnitten wären, hatten 
sie immer sehr viel Uberstunden gehabt. Es war mir klar, 
das die schwer beschädigte „Emden“ unter beinen Um- 
ständen zurückkommen konnte, um und abzuholen. Ebensc 
war mit Sicherheit zu erwarten, daß ein feindlicher Kreuzer 
in den nächsten Tagen anlaufen würde, um nach der Station 
zu sehen. Wenn ich auch der Landung Widerstand entgegen- 
setzen konnte, so war an ein Halten gegen Schiffsgeschütze 
natürlich nicht zu denken. Und die Unternehmung hätte 
nach kurzer Zeit mit englischer Gefangenschaft schließen 
müssen. Deswegen hatte ich bereits mittags den Befehl 
gegeben, die Gott sei Dank nicht gesprengte „Ayesha“ 
seeklar zu machen. 
„Ayesha“ war ein altes, außer Dienst dort liegendes 
Segelfahrzeug von 97 Tonnen Größe und diente früher 
dazu, Kopra von Keeling nach Batavia etwa zweimal jähr- 
lich zu schaffen. Sie lag ohne Segel und ohne Tauwerk 
da und war nur mit einem Matrosen und einem Kapitän 
bemannt. 
Die Engländer auf der Insel, zumal der Besitzer des 
Schiffes und der Insel, Mister Noß, warnten mich ein- 
dringlich, das Schiff zu nehmen, da es alt und morsch wäre; 
außerdem verrieten sie mir, daß englische Kreuzer in der 
Nähe der Insel wären, und daß ich sicher von einem dieser 
Kreuzer gefaßt werden würde. Auch der Kapitän des 
Schiffes sagte mir, als er von Bord ging, die tröstlichen 
Worte: „Münsche glückliche Reise, aber der Schiffs= 
boden ist durch.“ 
Als die Engländer sahen, daß wir trotzdem die „Ayesha“ 
klarmachten, erfaßten sie das ebenfalls wieder von der sport- 
lichen Seite und rissen sich die Beine aus, um uns zu hbelfen. 
Sie zeigten und sofort, wo Proviant und Wasser lag. Sie 
rieten und, diesen Proviant zu nehmen, weil er gut wäre, 
und nicht jenen etwa, der schon älter wäre. Sie fuhren 
Küchengeräte, Wasser usw. höchst eigenhändig auf Loren 
herbei. Von allen Seiten hagelten Einladungen zum Mittag- 
essen, alte Kleider, wollene Decken, Matratzen usw. wurden 
an meine Leute abgegeben. Kurz, sie taten alles, was sie 
konnten, um uns herauszuhelfen. Auch kargten sie nicht 
mit Natschlägen bezüglich des Kurses, und ich habe mich 
später überzeugt, daß alle ihre Angaben über Wind und 
Wetter, die sie mir machten, tatsächlich richtig waren. Sie
	        
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