Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

Was damit gemeint war, wußten wir, und jeder, von 
Begeisterung, erfüllt, sagte sich: mag da kommen, was 
will — für unsern Oberleutnant gehen wir durchs Feuer! 
Wir marschierten nun von Jonnebeke ab am Bahndamm 
entlang, Richtung Dpern. An zwei Stellen mußten wie 
die Bahn, die von den Engländern mit Maschinengewehren 
bestrichen wurde, überschreiten, doch ging alles gut ab, 
und wir kamen ohne Verluste in der vorderen Linie an. 
Hier begann nun das übliche Fragen: wo liegen die 
Engländer? wie weit ist denn das von hier? wac habt 
ihr für Verluste? ... 
Genaues wußten die Abzulösenden selbst nicht; die Ent- 
fernung bis zum Feinde wurde undg mit 4—600 Metern 
angegeben. 
Nun ging es sofort frisch an den Ausbau des noch 
kaum erkennbaren Grabeno; in wenigen Stunden war 
er so weit ausgehoben, daß wir gedeckt darin aufrecht stehen 
konnten. Endlich wurde es Tag, und wir konnten das Ge- 
lände übersehen. Vor ung ungefähr 400 Meter linko an 
der Bahn ein großes, arg zerschossenes Bauerngehöft; 
rechts, in gleicher Höhe, nur einige Mauerreste: der Bahn- 
bof Frezenberg. Halblinks über der Bahn ein schmuckes, 
kleines Dörfchen. Im Laufe des 7. Mai sahen wir an 
den Häuserresten vor uns einzelne Engländer; von einer 
Tätigkeit bei der Infanterie konnte indes keine Rede semn. 
Die feindliche Artillerie streute die ganze Gegend ab und 
schickte besonders nach Zonnebeke Schwefelgranaten. Nach- 
mittags gegen 4 Uhr war heftiger Artilleriekampf. 
Am 8. Mai in den frühesten Morgenstunden hieß es auf 
einmal: heute wird gestürmt. Wir glaubten es nicht 
recht, da wir nicht sehen konnten, wo die englische Haupt- 
stellung lag. Gegen s Uhr früh kam unser Bataillons- 
führer, Hauptmann Meißner, zu uns in den Graben 
und beobachtete lange durchs Fernglas das Gelände. Alle 
Augen richteten sich auf ihn, jeder hoffte, etwas zu er- 
fahren. Ja, es wird heute gestürmt! Nun wußten wir's 
bestimmt. · 
Durch unseren Kompagnieführer erfuhren wir folgendes: 
Das II. Bataillon geht zum Sturme vor: 6. und 7. Kom- 
pagnie als erste Welle, 5. und 8. folgen dicht dahinter als 
zweite. Die Häuserreste, also der Bahnhof Frezenberg, 
müssen genommen und unbedingt gehalten werden. Ein 
Zurück gibt es nicht; es sind genug Reserven da. Sind 
die Häuserreste in unserer Hand, geht es weiter vor; hier- 
für kommt aber noch ein neuer Befehl. 
Die Zugführer erläuterten und den Plan bis ins kleinste, 
und manche Frage wurde gestellt, damit ja alles klapxte; 
  
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überdies sollte ja dieser Sturm für viele Kameraden des 
Bataillons die Feuertaufe werden. 
Die Uhren wurden genau gestellt. Auf das Wort „Los!“ 
haben der erste und der zweite Zug der Kompagnie über 
die Brustwehr nach vorn zu stürzen; der dritte Zug folgt 
in 10 Metern Abstand, dann sofort hinter diesem die zweite 
Welle. Unsere Artillerie bereitet von 3 Uhr bis 10.30 
den Sturm vor, vorerst schießt sich die schwere ein. 
Horch! da kommt ja schon die erste angekollert und 
schlägt weit hinten im Gelände ein; die zweite kürzer, die 
dritte noch kürzer. Die vierte läßt uns einen gewaltigen 
Luftdruck verspüren und schlägt mit markerschütterndem 
Knall zwischen uns und den Häuserresten ein. Wir blickte. 
uno mit bedenklichen Mienen an: na, wenn sie nun noch 
kürzer sitten, haben wir sie im Graben! Da — eine Salre! 
Volltreffer in die Mauerreste, daß die Ziegelsteine nur so 
umberspritzten 
  
Es war noch keine 8 Uhr; nur unsere Z#e#r#schossen, 
da hatten wir schon wieder unsere Tornister aufgehockt 
und die Mütze mit dem Helm vertauscht; schnell wurde 
noch der Spaten ein Loch lockerer geschnallt; sein großer 
Wert ist uns in diesen Tagen recht zum Bewußtsein ge- 
kommen. . 
Da setzt mit einem Male unsere gesamte Artillerie ein, 
über uns fliegen zischend, fauchend, kollernd die Granaten 
dem Feinde zu. Dieser, unsere Absicht erkennend, über- 
schüttet sofort unsere vordere Linie mit Schrapnells, leichten, 
schwarzen und Schwefelgranaten. Wir knieten, kauerten, 
eng aneinander geschmiegt, in unserem notdürftigen Gra- 
ben, keinen Augenblick sicher, einen Volltreffer zu be- 
kommen. Die Geschütze brüllten, dicht hinter uns kläfften 
die leichten Feldkanonen, die „Blechbatterien“. Feuerstrahlen 
derüber und 
dicht vor un- 
serem Gra- 
ben krepie- 
renden 
Schrapnells 
beulende 
Zünder und 
Geschoß- 
splitter zuck- 
ten uns um 
die Köpfe, 
  
Eine Verunglimpfung der Sachsen auf dem englischen Presse-Kriegsschauplatz 
Daß dle englische Presse auf dem Gebiet niederträchtiger Verleumdung sich als unübertresflich erwiesen hat, ist läng#t bekannt, und wir haben den 
Engländern kampf" und neidlos auf diesem Felde die Siegespalme überlassen. Man erregle sich kaum noch über die täglichen Lügen in Wort 
und Pild und nahm sle nur noch als eines der zahlreichen Merlmale des englischen Niedergangs zur Kennenis. Ab und zu stieh man aber doch 
auf so gemeine Fälschungen, daß fle nicht schweigend hingenommen werden konnten. So bring! die englische Kriegszeitschrist „The Illustrated War 
News“ In ihrer Nummer vom 2. Juni 1010 auf Seile 21 und 25 das obenstehende Bild in einer Breile von 52 cem mit solgender Unterichrift: „Zut- 
chered by their own comrades before the eyes ol the british intanteyt Saxons surrendering under Prussian lire.“ (Niedergemebelt von ihren eigenen 
Kameraden vor den Augen der britischen Infanterie: Sachsen ergeben sich unter preußischem Feuer.) In der weiteren Bilderklärung wird erzählt, 
daß die uͤberresle eines sãchsischen Bataillons beschlossen hälten, sich insgesamt zu ergeben, und dañ sie gegen die englischen Linien vorgegangen 
Als die preußische Infanterie die Absichi der Sachsen benierlte, hätte sle imm Verein mit der Artillerie die Sachsen von hinten nieder- 
aeschossen. Daß England solche Verleumdungen über das oP vberbreitete, wunderte schließlich leinen Deutschen mehr. Jedes Voll hat 
die Presle, die es verdient. 
leien. 
die sich rasch 
folgenden 
Granatein- 
schläge lie- 
ßhen die Erde 
erzittern. 
wieder und 
wieder sahen 
wir nach der
	        
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