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Uhr — wie eine Schnecke schlich die Zeit. Mancher Ka-
merad kritzelte noch schnell einen kurzen Gruß an seine
Lieben daheim auf eine Feldpostkarte — vielleicht den
letzten
Da setzt plötzlich das Artilleriefeuer aus — schnell
blicken wir über den Wall.. aber schon fängt das Ticken
der feindlichen Maschinengewehre an. Dreiviertel auf Zehn!
Der Befehl: „Alles Seitengewehre aufpflanzen!“ kommt
durch. Da setzt die Artillerie nochmals ein, diesmal aber
viel lebhafter: die Blechkanonen brüllen sich förmlich heiser.
Und jetzt kommt: „Alles fertig machen!“ Davon, daß
wir den feindlichen Gra-
paar Engländern verteidigt, aber auch hier wird rasch auf-
geräumt. Hinter dem Wäldchen mußten wir uns ein-
graben, da alles, was links der Bahn lag, uns nicht so
rasch hatte folgen können. Unser Graben war bald einiger-
maßen ausgebaut; das feindliche Artilleriefeuer störte uns
bei der nun folgenden genauen Durchsuchung der Unter-
stände nicht im geringsten. Eil das war ja eine richtige
Lebensmittelniederlage! Fleischkonserven in Menge, Weiß-
brot, verschiedene Marmeladen, kondensierte Milch, und zum
Schluß noch genügend „Stäbchen“! So begann denn nach
der schweren blutigen Arbeit ein allgemeines Frühstück.
Bei Eintritt der
ben nehmen würden,
war jeder felsenfest
überzeugt; jeder ver-
traute unbedingt den
tüchtigen Führern und
nahm sich vor, es den
Engländern mal tat-
kräftig zu beweisen.
Gewaltsam wurde ein
jäh aufsteigendes be-
klommenes Gefühl beim
Gedenken an die fer-
nen Lieben, an die
teure Heimat unter-
drückt. Nur jetzt nicht
weich werden!
Dasteht unser Kom-
pagnieführer aufs, hebt
die Hand: wie der Blitz
ist das Wort „Losl!"
durch die Reihen, mit
einem Ruck sind ein
Dunkelheit wurde fest-
gestellt, daß die ganze
vordere Linie ohne
Leuchtpistole und -pa-
tronen war. Richtig
griffen auch die Eng-
länder mitten in der
Nacht unsere neuge-
wonnene Stellung an.
Sehen konnten wir
nichts pulverten aber,
unterstützt von unseren
zwei Maschinengeweh-
ren, feste drauflos: so
brach der Angriff zu-
sammen. Bei Tages-
anbruch überzeugten
wir uns davon bis dicht
heran waren sie ge-
kommen: gegen 40 tote
und einige verwundete
Engländer lagen vor
paar Sandsäcke von der
Brustwehr gerissen —:
ein Sprung — und vor-
wärto stürmen wir! Unser Führer ein Stück vor uns, der
dritte Zug dicht hinter uns, geschlossen, wie wir's auf dem
Kasernenhofe geübt hatten: nur das Rattern der Maschinen-
gewehre, das Zischen und Pfeifen der Kugeln versetzt uns in
den wirklichen Krieg. „Alles hinlegen!“ denn jetzt empfing
uns auch noch aus der linken Flanke rasendes Maschinen-
gewehrfeuer. Unser Kompagnieführer läßt, die Gefahr erken-
nend, sofort einen Teil der ersten Welle links einschwenken.
Wir übrigen stürmen weiter geradeaus; schon ist inzwischen
die zweite dicht herange-
kommen, und mit lautem
Hurra geht's an den Gra-
ben. Die Besahmung, die sich
erst sehr tapfer gewehrt
hatte, wollte sich nun er-
geben — doch da schleu-
dert uns einer von den Ha-
lunken noch eine Hand-
granate entgegen, worauf
wir natürlich kurzen Pro-
zeß machen mußten. Nun
ist der Graben unser, und
weiter geht's!
Da erreicht uns die
Nachricht, unser wackerer Führer, Oberleutnant Depen-
dorf, sei gefallen!
Dies niederschmetternde Wort läßt uns Halt machen —,
doch alsobald reißt uns Leutnant Rose wieder mit vor-
wärto. Aus einem kleinen Wäldchen prasselt und neuerlich
Maschinengewehrfeuer entgegen, das aber durch unser Ge-
wehrfeuer bald zum Schweigen gebracht wird. Die im
Wäldchen befindlichen Unterstände werden noch von ein
Ein kleiner Minenwerfer
unserer Stellung.
An diesem 9. Mai
ging ich einmal am
Bahndamm entlang bis zu unserem alten Graben zurück.
Wie ganz anders mutete einen das jetzt alles an! Viele
Kameraden, die uns fehlten, waren durch das starke
Flankenfeuer verwundet, viele aber auch — gefallen! Wie
tapfer gekämpft worden war, sah man an den vielen toten
Engländern; auch ihre Garde-Regimenter hatten schließlich
unserem siegreichen Vordringen nicht standgehalten.
Auf * Uhr nachmittags war ein neuer Sturm festgesetzt,
der aber, weil alles, was links der Bahn lag, unsere Höhe
noch nicht erreicht hatte,
unterblieb. Am Abend
rückte aber doch das Ba-
taillon noch ein Stück wei-
ter vor und schanzte sich
auf der Höhe ein.
Leider hat uns der so
gut gelungene Sturm am
8. Mai unsere sämtlichen
Kompagnieführer gekostet:
Haupimann Grahl, 6.,
verwundet; Oberleutnant
Dependorf, 7., Leutnant
Müller, 5., gefallen; Leut-
nant Halbach, 8., ver-
wundet. Oberleutnant Dependorf war eben erst ins Feld
gekommen, hatte mit großer Begeisterung und ganz her-
vorragendem Schneid unsere 7. geführt —, da mußte ihn
so jäh das Geschick ereilen. Auch Leutnant Miller, der
seine s. als zweite Welle gegen den Feind führte, war es
nicht vergönnt, das siegreiche Ende des Sturmes zu
erleben.
Stets werden wir den beiden uns so lieb gewordenen