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und euch das Beste auf den Tisch gesetzt und in die Taschen
gepackt. Es gibt keinen Unterschied mehr, wir sind alle
deutsche Brüder, sind alle deutsche Soldaten. Ihr habt
es gut gehabt hier, darum brauche ich es wohl nicht erst
zu sagen, daß ein jeder nochmal in sein Quartier geht,
seinen Quartierleuten die Hand gibt und Lebewohl sagt ...
Den Dank, Kanoniere, unsern ehrlichen Dank, — den,
Kanoniere, wollen wir da draußen beweisen, wenn unsere
lieben Kanonen donnern “
Die freundliche feste Stimme fern unter den Bäumen
war weich geworden und verstummt.
festen Griffen sein ungeduldig tänzelndes Pferd. Ein breiter
Belgierhengst drängte sperrbeinig in die Front zurück und
wich auf keinen Stoß und Ruck vom Fleck. Hochgesattelte
Packpferde rieben die Mäuler aneinander, und das Trom-
peterpferd schlug in einem fort aus.
Der Wagenpark aber wogte wie ein Wald, blühte wie
ein einziges Blumenbeet. Alle Soldaten, Offiziere trugen
Blumen am Helmüberzug, an den Nöcken und Sätteln.
Über Nacht hatten liebe Hände Karossen und Karren,
Rohr unt Rad bekränzt, mit Tannengrün und Eichenreisern
besteckt. Und die sirenge Wache hatte sie gewähren lassen.
Noch Alle,
einmal die zurück-
hallte die blieben,
Stimme standen
dort, nun hinter
wieder dem Hark-
fest und gitter und
froh. erlebren
„Mor- die letzte
gen, Ka- Stunde
meraden, mit, die
in aller Stunde
Frühe des Ab-
fabren schieds
wir aus von der
unserem Heimat.
deutschen „Kano-
Vater- niere!
lande Aufge-
weg und sessen!“
übermor- schall'e
gen stehen: die Stim-
wir vor me des
dem Haupt-
Feinde. manns
Kanonie= in das
re, wie Ausmarsch Zwickauer Infanterie B umen-
heißt un- gewoge.
ser Schwur? Ihn laßt uns erneuern jetzt: „Für Kaiser
und Reich, hurra!“
Hell erschallte der hundertstimmige Ruf unter den
stillen Bäumen.
Der Abend sank. Hell und leuchtend blieb die August-
nacht. Lange vor Taggrauen erhoben sich die wackern
Kanoniere und schlichen in ihren schweren knarrenden
Stieseln auf Zehenspitzen die Treppen hinab, tappten ins
Dorf. Klirren und Knarren hallte schon vom Sammel-
platze her.
In matten Farben leuchteten die Sättel auf, die
gerollten Mäntel. Alles war
dem schauenden Auge nur
ein wirres, buntes Gewoge.
Noch vermochte der spähende
Blick nichts zu erkennen.
Und immerfort wechselte
das Farbenspiel in dem
weichen Morgenlichte. Über
dem Wagenpark, den Mann-
schaften, der Bespannung
webte das sanfte Schimmern
des anbrechenden Tages.
Aus den weichenden Schat-
ten wuchsen die Wagen
und Pferde, die Reieer
hel er und fester empor.
Deut.ich unterschied man
jetzt die Offizicre. Der
Leutnant zügelte mit
Reste eines triegsstarken Bataillons Infanterieregiment 100 (4. Komp.))
Die Sättel krachten leise. Die Buumen nickten stumm. Der
Hauptmann ritt mitten vor die Front und hob den blanken
Säbel hoch in den sanft aufleuchtenden Morgen.
„Kameraden, nun ziehen wir aus der Heimat in den
Krieg. Unser Kaiser hat den Frieden treu gewahrt durch
alle Jahre. Er hat uns stark und treu gemacht für den Krieg.
Sie haben uns alle belogen, die Feinde rings. Unsern Kaiser
haben sie belogen. Kameraden, wir sind bereit. Wir sind
Sachsen, sind deutsche Soldaten. Wir stehen für unser Vater-
land ein bis auf den letzten Mann und Hauch. Solange noch
ein treuer Deutscher das Schwert in festen Händen hält,
ist das Vaterland nicht
verloren. Unser Sachsen
und unser geliebter König!
Unser Deutschland! Unser
Kaiser!
Kameraden, laßt uns den
Schwur erneuern, den wir
dem Vaterlande geschworen
haben, laßt uns froh und fest
dem Kaiser und dem Vater-
lande, dem König und demge-
liebten Sachsenlande hier und
immer unserletztes Hoch aus-
bringen: Hoch, hoch, boch!
Nunlaßt unszum Abschied
singen:
„Deutschland, Deutschland!
lber alles,
Ülber alles in der Welt!“