Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

Hoch und hell blitzte der blanke Säbel in des Haupt- 
manns Hand. Hoch und hell erklang das Lied aus den 
Solda:enkehlen. Und die Menschen alle auf der Straße 
sangen eo bewegten Herzens mit. 
„Achtung! Erster Zug, rechts schwenkt, marsch!“ 
Die Pferde zogen an. Die Räder rollten leise über 
den Wiesengrund. Der bunte Wald bekränzter Wagen, 
die ganze Kolonne streckte sich und gewann die Straße. 
Die Hufe stampften, die Wagen ratterten. Und die Frauen, 
Mädchen winkten, riefen den Soldaten zu, warfen Blu- 
men, letzte Blumen über Pferd und Mann. 
„Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen in der Heimat!“ 
„Lebt alle wohl! Lebt wohl!“ Ein Winken, Rufen immer- 
fort, in vielen Augen Tränenfunkeln. Der erste Sonnen- 
strahl glitt staunend drüber hin, dem guge der Soldaten 
vorauf, Licht bringend, Licht und frohe Zuversicht. 
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serveoffizier war, wieder eingetreten alo Gemeiner Mann, 
und zwar als Kriegofreiwilliger bei den Dreodener Garde- 
reitern, — viel Entbehrung und Mühe für einen, der sonst 
auf des Lebens weichsten Kissen zu schaukeln gewöhnt ist! 
Ich wählte dies Lo, weil sie mich als Offizier zum Trans- 
portieren von Kolonnen hinter der Front verwenden wollten, 
mein Temperament nun aber eine Verwendung beim eigent- 
lichen Kampfe wünschenowert erscheinen ließ. Nun er- 
schüttern mich im Tiefsten alle jene herrlichen Wirklich- 
keiten von Begeisterung, Getümmel, Lärm, Unruhe, wun- 
dervolle Erhebung aller Geister, — die mich mein Leben 
lang ästhetisch entzündeten, und ich bin in der einzig herr- 
lichen Lage, danz, was ich in der Jugend begebrt, schon 
als Mann einmal in Fülle genießen zu dürfen. Wie über- 
aus gewaltig, wie ganz wundervoll sind schon heute, wo# 
wir doch erst begonnen haben zu siegen, die Wirkungen 
  
. 
  
  
  
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Der letzte Fahrer ratterte vorbei und winkte von seinem 
Sitz. „Lebt wohl! Lebt wohl!“ 
„Auf Wiedersehen!“ 
Ein deutscher Reiter 
Unter den Namen der lebenden sächsischen Dichter hat 
einer besonders hellen Klang, der des Balladendichters 
Börries Freiherrs von Münchhausen. Ein echt 
ritterlicher Mann ohne Furcht und Tadel und ein begeisterter 
Sänger ritterlicher Taten dazu. Als der Krieg ausbrach 
und der König rief, da schrieb der Rittmeister der Reserve 
im Garde-Reiterregiment Freiherr von Münchhausen den 
folgenden, echt deutschen Brief an einen Freund: 
Dresden, Garde-RNeiter-Kaserne, 10. S. 1914. 
Lieber Freund, ein seltsames Datum und ein seltsamer 
Ort für mich, um Briefe zu schreiben! Wer hätte das 
vor 14 Tagen gedacht! Und werden wir überhaupt die 
Möglichkeit haben, und dieses wilden Traumes in einem 
Jahre noch zu erinnern? Wer weiß das heute, — und 
wer möchte es wissen! 
Ich bin, trotzdem ich jahrelang, wie Sie wissen, Re- 
des Krieges! Das Mächtigste, was ein Mensch erleben 
kann, ist der Krieg, das Heiligste und Zauberhaftestel 
Wo ist unser deutsches Parteigezänk, der Neid der unteren 
Klassen, die Blasiertheit der oberen, wo ist der Bureau- 
kratiomus und die Philistrosität, die Kleinlichkeit des All- 
tags, die Reichsverdrossenheit, die böse „Mainlinie“" — 
der große Zauberer hob den Stab, und alles das ver- 
wehte wie Spreu vor seinem heiligen Atem! Vielleicht 
kann ich in vier Wochen schon ausrücken, — Gott geb's! 
Wir leben in Ungeduld und fiebern von Extrablatt zu Ertra- 
blatt durch die Tage, — wenn man nur erst draußen wäre! 
In Treuen bin ich Ihr 
Münchhausen. 
Ein Sachse über die belgischen Greuel zu 
Kriegsanfang 
Es war, als wäre die Hölle losgelassen gegen alles, 
was deutsch hieß! So kennzeichnete ein glücklich heim- 
gekehrter Deutscher die Stimmung zu Kriegsanfang rings 
im Auslande. Wie man die friedlich seit vielen Jahren in 
Belgien, Frankreich, Nußland angesessenen, fleißigen Deut-
	        
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