Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

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der Lage seiner Front. Seine Leute lagen auf der Straße, 
und mein Pferdebursche, der hinter mir ritt, wurde von 
ihnen eifrig ausgefragt, wie es mir ginge; sie waren alle 
Zittauer und hatten mich sofort erkannt. 
Nachts hörte ich Truppen in das Dorf einmarschieren, 
in dem ich lag. Zu so später Stunde noch Truppen- 
bewegungen? Wer mag das sein? Ich trete auf die 
Dorfstraße und treffe Hauptmann M. vom Zittauer 
Regiment mit seiner Kompagnie. Er steht auch bei 
einem Brigade-Ersatzbataillon. ( 
Mitnurkurzen 
Urlaubsunter-- 
der Natur: 
baute man 
„Ein' feste Burg ist unser Gott!“ Später 
in Windhuk eine Kirche aus Stein; sie 
war schön, aber kein Gottesdienst in ihr kann die 
Gewalt erreichen wie der da draußen in den 
Formen der christlichen Vorzeit unter freiem Himmel 
abgehaltene. 
Auch in diesem Kriege ist es ähnlich. Im freien Schloß- 
hof zu C. hatten wir seinerzeit unsern ersten Feldgottesdienst. 
Wir waren eben zur Front gekommen und fanden bei 
unserm Eintreffen die Division in schwerem Kampfe. Jeden 
Augenblick 
mußten wirzum 
  
brechungen — 
wenn ihn sein 
Amt in der säch- 
sischen Heimat 
rief—hat Ober= 
bürgermeister 
Hauptmann 
Külz durch den 
ganzen Krieg 
Freud und Leid 
und Not und 
Sieg mit seinen 
Zittauern im 
Felde geteilt. 
Er, der sich ein- 
mal stolz einen 
„Vollblut- 
sachsen mit in- 
ternationalem 
Einschlag“ 
nennt, lag als 
Vorposten- 
kommandeur in 
vorderster Stel- 
lung am Feinde, 
hielt als Fach- 
mann beim Ar- 
meeoberkom-= 
mando Vor- 
träge und emp- 
fing den Gegen- 
besuch des Ar- 
meeoberkom= 
mandeurs im 
vordersten 
Graben, wobei 
ees zu seiner 
Freude viel. Ei- 
serne Kreuzefür 
seine Leute gab. 
Und über alles 
berichtet er ge- 
treulich seiner 
Stadt Zittau. So über einen sächsischen Feldgottes- 
dienst im Juli 1915: 
„Uber jedem Feldgottesdienst liegt eine eigenartige 
Weihe, der sich selbst der rauheste Krieger nicht entziehen 
kann. Unvergeßlich wird mir der erste Feldgottesdienst 
bleiben, den ich im Jahre 1907 in Deutsch-Südwest- 
afrika erlebte. Auf einem, von himmelwärts strebenden, 
mächtigen Bäumen beschatteten, von üppig blühendem 
wilden Oleander umrahmten Platze war ein einfacher Altar 
aus Holz gezimmert; schwarz-weiß-rotes Flaggentuch, das 
war die ganze Altarbekleidung. Auf schlichten Holzbänken 
saßen die Schutztruppler, aber alo das Trompeterkorps 
der Schutztruppe einsetzte, da tönte es gewaltiger, als es 
im höchsten Dome klingen kann, durch den hehren Dom 
  
  
Die zerschossene Kirche des Dorfes Becelaire bei Dpern 
- - — Eingreifen ge- 
3 -«- s --' wärtig sein. Da 
· - sammelte man 
uns zu einem 
kurzen Feld- 
gottesbienst. 
Die französi- 
schen Geschütze 
spielten die Kir- 
chenmusik und 
übertönten gar 
manchmal die 
Worte des Pre- 
digers; keinem 
meiner Leute 
hatte bis dahin 
ein Gottesdienst 
wohl so an die 
Seele gegriffen 
wie dieser. Wir 
haben uns seit- 
dem öfters ver- 
sammelt, auf 
freiem Felde- 
oder in zerschos- 
senen Kirchen, 
ganz, wie es 
möglich war. 
Am 1. Juli ver- 
sammelten wir 
uns —vonjeder 
Kompagnie 30 
Mann, die an- 
dern lagen in 
den Schützen- 
gräben —in der 
Dorffkirchezu B. 
Die Spitze des 
Turmes ist seit 
einiger Zeit ein 
Opfer des Krie- 
ges geworden. 
„Wirtreten zum 
Beten . . . Wann hat wohl das schlichte Dorfkirchlein so 
gewaltige Klänge gehört, wie die des Niederländischen 
Dankgebetes, mit dem die Regimentsmusik die Feier 
eröffnete. Und dann stand der Feldgeisiliche an den 
Stufen des Altars. Hofprediger war er früher. Nichts 
erinnert an ihm an eine Hofstellung. Seine hohen 
Reitstiefel sehen aus, als ob sie wie er selbst vor 
diesem Feldzug schon den in China und Südwestafrika 
mitgemacht hätten. Seine Uniform schmückte keine andere 
Zier als das Eiserne Kreuz und die Bänder der in den 
früheren Feldzügen erworbenen Ehrenzeichen. Die mit Trä- 
nen säen, werden mit Freuden ernten; der Herr hat Großes 
an ung getan — das sind die Grundgedanken seiner 
Predigt. 
 
	        
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