gleichen Aufgabe eine größere Vogesenübung entwerfen dür-
fen, bei der alle Reibungen und Schwierigkeiten, denen die
19. Ersatzdivision im August 1914 begegnete, in die Erschei-
nung traten, und zwar selbst für aktive Führer und Trup-
pen, die doch mit der Hitze der Rheinebene und mit dem
schluchtenreichen Waldgebirge der Vogesen samt seinen pein-
lichen Uberraschungen vertraut waren.
Wenn in den ersten Tagen des Weltkriegs noch nicht
alles so verlief, wie es später von denselben Truppen unter
noch viel schwierigeren Verhältnissen ganz selbstverständ-
lich geleistet wurde, so trifft die Schuld dafür nicht die
Menschen, weder die Führer noch die Truppe, sondern das
Schicksal, das mit seiner furchtbaren Wucht im August 1914
unser Vaterland zu erdrücken suchte. Gott sei Dank, erwies
sich auch hier der deutsche Mann, der sächsische Soldat,
schließlich stärker als das Schicksal. Das soll das Vater-
land den Tapferen nicht vergessen, die sich im letzten August-
drittel 1914 in die Bresche zwischen Hoch= und Mittel-
vogesen warfen, Preußen, Bayern, Württemberger, Ba-
dener und Sachsen, alle von dem besten Willen beseelt,
aber noch unvertraut mit den Opfern, welche Natur, Hitze
und Kriegslage ihnen im Vogesenkrieg auferlegen sollten.
Die 19. Ersatzdivision bestand zunächst aus der 45. Er-
satzbrigade mit den vier Bataillonen 45, 46, 63 und 64 und
zwei Maschinengewehren, ferner aus der 47. Ersatzbrigade
mit den vier Bataillonen 47, 48, 88 und 89 und zwei Ma-
schinengewehren. Außerdem waren ihr überwiesen zwei kleine
Kavallerie-Ersatzabteilungen 12 und 19, zusammen etwa
eine Eskadron stark, und vier Abteilungen Feldartillerie 28,
48, 32 und 77 mit zusammen acht Batterien, endlich zwei
Ersatz-Pionierkompagnien 12 und 22 und zwei Magazin-
Fuhrparkkolonnen.
Die Division war also ihrer ganzen Zusammensetzung
und Ausstattung nach zunächst nicht für die Verwendung
in vorderster Linie bestimmt, mußte aber, nachdem sie am
16. August von Leipzig über Straßburg in die Gegend von
Moloheim mit der Bahn überführt worden war, am
18. August früh dem XIV. Reservekorps (siebente Armee)’
alsbald überwiesen und der Kriegslage entsprechend sofort
gegen den Feind vorgeführt werden.
Wie früher erwähnt, fiel die Verteidigung der Vogesen
und des oberen Elsaß der deutschen siebenten Armee unter
dem Generaloberst von Heeringen bei Kriegobeginn zu. Es
gelang ihr schon am 12. August, den von Belfort auf Mül-
bausen vorgedrungenen Feind zurückzuwerfen, ebenso am
19. August einer französischen verstärkten Brigade, welche
durch die Vogesen vorgedrungen war, bei Weiler, 15 Kilo-
meter nordwestlich Schlettstadt, eine schwere Schlappe bei-
zubringen.
An demselben Tage wurde die 19. Ersatzdivision bereits
3 Uhr morgens mit den bis dahin angelangten Teilen auf
Barr-Mittelbergheim vorgeführt, ihre Vorhut, drei Batail-
lone und eine Batterie, unter Generalmajor v. Schönberg
sogar bis in die Vogesen nach Hohwald und Kienberg (ein
Bataillon) vorgeschoben.
Nach dreitägiger Bahnfahrt erforderte der Marsch bei
stechender Hitze in dem heißen Rheintal beträchtliche Marsch-
verluste bei den Mannschaften, insbesondere bei den älteren
Jahrgängen der Reserve und der Landwehr. Trotzdem lei-
stete die Division am folgenden Tage den anstrengenden
Aufstieg bis auf das fast ##100 Meter über dem Meeres-
spiegel gelegene Hochfeld, reichlich goo Meter über den
Orten des benachbarten Nheintales.
Zu beiden Seiten dieser Hochfläche sollten rechts im
Breuschtal und links im Weilertal die anderen Truppen
des XIV. Reservekorps in siegreichem Vordringen begriffen
sein. Von der Front lagen widersprechende Meldungen
verschiedenster, im Grenzschutz verwendeter nichtsächsischer
Truppen vor, wonach der Feind allenthalben hier im Vor-
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gehen sei und die meisten der kleinen vorgeschobenen deut-
schen Abteilungen im Rücken bedrohe. Später traf von
rechts her die Mitteilung bei der Division ein, daß die
im Breuschtal stehenden Hauptkräfte des XIV. Reserve-
korps mit der Bahn auf Saarburg abtransportiert wür-
den. Die Division ging deshalb am 21. August frühzeitig
auf Barr zurück, nur ihre Vorhut blieb in den Vogesen.
Ihr Führer, der Generalmajor v. Schönberg, übernahm
tags darauf, nachdem sich die Mitteilung vom Abmarsch
deo XIV. Reservekorps als falsch erwiesen hatte, den Befehl
über die Division und führte sie wieder bis zur Vorhut in
die Gegend von Hohwald vor. In diesen ersten Tagen
traten bei den des Gebirgokriegs ungewohnten Truppen,
welche durch die übermäßigen Anstrengungen der ersten
Feldzugstage sehr gelitten hatten, vielfach Reibungen ein;
erst allmählich übertrug sich die bühle, selbstbewußte Be-
urteilung der Kriegslage der Führer auch auf die Truppe,
welche in den schluchtartigen Engwegen des Gebirges inmit-
ten der dichten Wälder und angesichts der fast unzugänglich
vor ihr aufsteigenden Berge noch Tage brauchte, um ihrer
überlegenen Kraft sicher zu werden.
Am 23. August hielt die Division die Höhen bei Belle-
fosse (47. Ersatzbrigade) und südöstlich (45. Ersatzbrigade)
gegenüber einem starkverschanzten Feinde, dessen Stärke
unerkundbar blieb. Am 24. August trat die Division den
Vormarsch auf Colroy an, zunächst links und rückwärts
der 26. Reservedivision, welche aug dem Breuschtal auf
Ban-de-Sapt vorstoßen sollte, während links von der 19. Er-
satzdivision aus dem Weilertale die 30. Reservedivision auf
Provencheres vorrückte. Als um Mittag die 26. Reserve-
division mit ihrem linken Flügel in der Gegend von St.
Blaise und südlich in einen heftigen Kampf verwickelt wurde,
rückte die 19. Ersatzdivision über Colroy zu deren Unter-
stützung vor. Dabei verlor die Vorhut die Nichtung, die
beiden Kompagnien am Anfang des Gros, welches sofort
eine neue Vorhut gebildet hatte, gerieten in einer Talenge
in plötzliches überwältigendes feindliches Artilleriefeuer, un-
ter dem auch die folgenden vordersten beiden Batterien bald
zusammenbrachen. Auch der Divisionsstab, der gerade dicht
binter den Vorhutkompagnien aufklärte, verlor vier Offi-
ziere. In dem schluchtenreichen Waldgelände hielt aber die
Division bis zum Sinken der Nacht wacker stand. Gegen
10 Uhr nachts stürmte das Bataillon 46 unter Obersileut-
nant v. Tettenborn den feindlichen linken Flügelstützpunkt.
Nun wich der Feind. Die jungen sächsischen Truppen, die
bisher nahezu 2000 Mann an Marschverlusten bei der Hitze
und den Anstrengungen des Gebirges eingebüßt hatten,
lernten in diesem ersten ernsten Gefechte schnell an sich
glauben und besahen am nächsten Morgen mit berechtigtem
Stolze die starke französische Stellung, die der Feind vor
ihnen hatte räumen müssen.
Am 25. August wurde Bourg-Bruche erreicht, davor
und rechts davon gelangte die 26. Neservedivision bis Saa-
les, der Feind wich in Richtung auf St. Die. Tags darauf
erreichte die 19. Ersatzdivision Saales. Der Gegner hatte
sich an der Meurthe wieder gesetzt, das XIV. Reservekorpo
hatte den Kampf bei St. Dié zusammen mit dem deut-
schen XV. Armeekorps aufgenommen und am folgenden
Tage im Naume um Etival—St. Dié fortgeführt. Die
19. Ersahdivision bildete dabei zunächst die Reserve.
Am 28. August traf der neuernannte Divisionskomman=
deur Generalleutnant v. Tettenborn ein, welcher die Dinvi-
sion bis zum August 1017 befehligt hat. General v. Schön-=
berg übernahm wieder die 47. Ersatzbrigade, Generalleut=
nant v. Hennig die 45. Ersatzbrigade an Stelle des am
22. August gefallenen Generals v. Bodenhausen.
Am 29. August schob sich die Division zwischen die
28. Reservedivision (rechts — bei Etival) und die 26. Re-
servedivision (links — bei St. Dié) an die Meurthe bei