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nant Graf Vitzthum v. Eckstädt (Carlotto) aus den Land-
wehr-Infanterieregimentern 104 und 106, aus der 1. und
2. Landwehreskadron und der Landsturmbatterie XIX. Die
Brigade wurde bereits am 16. August nach vollendeter
Versammlung der dritten Armee über Mayen nach Gerol-
stein nachgezogen. Ihr fiel zunächst der Schutz des Eisen-
bahnnetzes und der Etappenstraßen der dritten Armee im
östlichen Teile von Belgien zu.
Dort wurde sie Ende August 1914 durch inzwischen ein-
getroffene 8 Landsturmbataillone und 2 Landsturmeskadrons
abgeloͤst, welche der 47. gemischten Landwehrbrigade unter-
stellt wurden. *
In der folgenden Zeit übernahm dann der Landsturm
den Schutz des Etappengebietes der dritten Armee ösilich der
Maas, die 47. gemischte Landwehrbrigade die Sicherung der
Straßen westlich und südlich dieses Flusses.
Nach Bildung des Generalgouvernements Belgien traten
die Landsturmtruppen in dessen Befehlsbereich über. Die
Landwehrbrigade behielt nunmehr allein den Schutz des
gesamten Etappengebietes bis zur Grenze des General-
gouvernements Belgien.
Es ist staunenswert, was trotz der riesig schnellen Vor-
wärtsbewegung des Feldheeres an sofort einsetzender Orga-
nisation und sicherer Durchführung durch die Etappentrup-
pen, insbesondere auch durch die 47. gemischte Landwehr-
brigade geleistet worden ist. Immer war sie rechtzeitig
heran und entlastete die fechtenden Truppen des Feld-
heeeres von der Bewachung ihrer Verbindungslinien. Alle
Teile derselben waren von dem Wunsche beseelt, an den
Feind zu kommen und den Kameraden an der Front zu
belfen.
Die Landwehr hat in diesen Tagen vorzügliche Marsch-
leistungen aufzuweisen gehabt, mehrfach wurden in zwei
Tagen 70 Kilometer zurückgelegt.
Am 9. September 1914 erreichte die 47. gemischte Land-
wehrbrigade die Aisne bei Rethel, am 10. September die
Suippes, während ihre rückwärtigen Teile noch bis zur
Grenze des Generalgouvernements Belgien reichten. Die
Sicherung dieses großen Gebietes war eine schwierige Auf-
abe, sie stellte große Anforderungen an Führer und
ruppe.
Alle nicht mehr zum Etappenschutz unbedingt notwendigen
Teile der 47. gemischten Landwehrbrigade — Stab der
Brigade, Landwehrregiment 104 ohne I. und I. Landwehr-
regiment 106, 2. Landwehreskadron sowie Landsturmbatterie
— traten zur Feldarmee über. Es verblieb hiervon Stab
und ½ II. Landwehr 104 zum Schutze des Armee-Ober-
kommandos in Bethéniville, alles übrige bildete zusammen
mit dem Reserve-Infanterieregiment 106 am 13. Sep-
tember 1914 die Korpsreserve des XII. Reservekorps. Diese
bezog Biwak am Waldrande, 2 Kilometer westlich Moron-
pilliers, an der Straße Moronvillier8—Nauroy (Skizze 16).
Die auf Etappe verbliebenen Teile der 47. gemischten
Landwehrbrigade — Landwehrregiment 106 ohne I., I. Land-
wehr 104 und 1. Landwehreskadron — unter der Führung
des Oberst Frhr. v. Düring behielten die Sicherung der
Etappenstraßen der dritten Armee nördlich der Aisne.
Am 14. September 1914 vormittags wurden 10 Land-
wehrkompagnien auf dem linken Flügel der 23. Reserve-
division in die vordere Linie unter der Führung des Kom-
mandeurs der 47. gemischten Landwehrbrigade, General=
leutnant Graf Vitzthum, vorgeschoben. Bereits am 14. Sep-
tember nachmittags nahm der Feind die Stellung der
gesamten Landwehrbrigade unter schwerstes Artillerie-Kreuz-
feuer. Die notdürftig aus Holz hergestellten Unterstände
des kaum begonnenen Schützengrabens standen bald in
hellen Flammen. Die Landwehr erlitt schwerste Verluste.
Trotzdem hat sie, wettelfernd mit ihren üngeren Kameraden
der 23. Reservedivision, unter Aufbietung ihrer letzten
Kraft die ihr anvertraute Stellung gehalten. Nicht ein Fuß
breit der vordersten Stellung ist preisgegeben worden,
obwohl die Landwehr zum ersten Male im Feuer stand. Der
Brigadekommandeur, mit dem Säbel eines Trainunteroffi-
ziers in der Rechten, wurde bei dem Versuche, mit der
letzten Reserve einen Gegenangriff zu machen, an der Spitze
der braven Truppen am 16. September schwer verwundet.
Er ist dieser Wunde dann am 16. Oktober 1914 erlegen.
Die Führung der in vorderer Linie eingesetzten Teile
der 47. gemischten Landwehrbrigade wurde am 19. Sep-
tember dem Oberst Frhr. von Düring, Kommandeur des
Landwehr--Infanterieregiments 106, übertragen.
Die in vorderster Linie eingesetzten Landwehrbataillone
wurden durch Abteilungen der Reserve-Infanterieregimenter
lol#, 102 und 104 sowie durch Zuteilung von mehreren
Batterien Feldartillerie und schwerer Artillerie verstärkt. Ab-
schnittskommandeur des ursprünglich überwiesenen Gefechts-
abschnittes blieb Oberst Frhr. v. Düring auch weiterhin.
Die Landwehr hielt in den folgenden Tagen unter an-
dauerndem schweren feindlichen Artilleriefeuer und gegen-
über wiederholten feindlichen Angriffen wacker stand, sie
ging selber mehrfach zu erfolgreichen Gegenangriffen über.
Die Leistungen der Landwehr sind in diesem Zeitraum
um so höher zu werten, als es bei dem unaufhörlichen
Artilleriesperrfeuer äußerst schwierig war, rechtzeitig die
genügende Verpflegung heranzuführen. Einzelne Kom-
pagnien haben so bei sehr schwieriger Verpflegung 90 Stun-
den lang bei ihrer Feuertaufe in dauerndem Artillerie-
trommelfeuer gelegen. Die Verluste waren entsprechend
hoch. Bei den 10 eingesetzten Landwehrkompagnirn berrug
der Verlust in den ersten Tagen 7 Offiziere tot und 14 ver-
wundet, von Unteroffizieren und Mannschaften waren 120
tot und 601 verwundet. Mehrere Volltreffer zwangen
die Landsturmbatterie, Material und Bedienungsmannschaf-
ten in Rethel zu ergänzen.
Die Anstrengungen und die nasse Witterung drückten
den Gesundheitszustand Ende September merklich herunter.
Ruhr drohte. Alles Ungemach konnte aber den kriegerischen
Geist der braven Wehrleute nicht brechen. Bereits am
21. September wurde der Brigade von der Führung ein
Angriffsauftrag übertragen. Es handelte sich darum, durch
einen energischen Vorstoß das Festsetzen der Franzosen vor
der eigenen Stellung zu erschweren. An dem für Morgen-
grauen angesetzten lberfalle beteiligten sich außer zugeteilten
Truppen anderer Gefechtsabschnitte das halbe II. und UI.
Landwehr-Infanterieregiment 104 sowie das I. Landwehr-
Infanterieregiment 106. Der Angriff unter der persönlichen
Leitung des Führers der 47. gemischten Landwehrbrigade
führte bis in die feindlichen Vatteriestellungen. Leider gelang
es nicht, die feindlichen Geschütze mitzuführen, da sie don
starken Hindernissen umgeben waren. ·
Anm 8. Oktober 1914 verlor die Brigade zum zweiten
Male ihren Kommandeur im vordersten Gefechtsabschnitt.
Dem nunmehr zum Kommandeur der 47. gemischten Land-
wehrbrigade im Oktober 1914 ernannten Generalleutnant
Müller lag zunächst die Sicherung des Etappengebietes. mit
den auf Etappe verbliebenen Teilen der 47. gemischten
Landwehrbrigade ob.
Die Führung über den Gefechtsabschnitt der Landwehr
erhielt vom 23. November ab der Kommandeur des Land=
wehrregiments 104, Oberst Heuser. «-
Unerschütterlich hielt die Äbteilung Heuser, wie sie i
den Tagesberichten hieß, den ganzen Winter über im Ver-
bande der 23. Reservedivision die Wacht in ihrem Abschnitt,
den die französische Artillerie fast täglich mit besonderer
Vorliebe und leider recht großem blutigen Erfolge Tag und
Nacht bedachte. Der Herenkessel, die Reservestellimg der