Seit dem ersten Durchbruch unserer Linie am Abend des
22. April hatten alle Truppen in dieser Gegend das
heftigste, ununterbrochene Artilleriefeuer auszuhalten. Der
Feind verfügte über eine weitüberlegene Zahl von Geschützen
und unbegrenzte Munitionsmengen.
Es war bei der überwältigenden feindlichen Feuerwirkung
unmöglich, gute Schützengräben auszuheben oder angesichts
der durch die ersten Gasangriffe hervorgerufenen Verwir-
rung und Demoralisation eine Stellung herzurichten, welche
weiteren Gasangriffen gegenüber haltbar gewesen wäre.
Auch konnten erst nach dem 8. Mai wirksame Schutz-
masken beschafft werden. Unter solchen Umständen erfolgte
am Morgen des 8. Mal eine heftige Beschießung beinahe der
ganzen Front des englischen V. Armeekorps, die sich nach
und nach auf die Front der Divisionen nördlich und südlich
Frezenberg konzentrierte.
Dieses Feuer zerstörte unsere Schützengräben völlig und
verursachte enorme Verluste. Der Beschießung durch die
Artillerie folgte unmittelbar ein heftiger Infanterieangriff,
dem unsere Linien nachgeben mußten.“
Über den Angriff am 24. Mai heißt es schließlich:
„Am Morgen des 24. Maf folgte einer erneuten Ver-
wendung von Gaswolken eine heftige Beschießung auf der
ganzen Front und ein sehr entschlossener Angriff östlich
von Dpern.
Der deutsche Angriff begann 2,45 Uhr vormittags. Der
Ansturm war zu überraschend, um den zum größten Teile
schlafenden Leuten Zeit zu lassen, die Gasmasken anzu-
legen.“
Soweit der Bericht des englischen Oberbefehlshabers. Er
bestätigt in den Hauptpunkten die deutsche Darstellung.
Nach Abschluß der zweiten Schlacht von Ypern verlief
die englische Stellung also ungefähr 700 Meter südwestlich
von Fortuin über Frezenberg und Eksternest nach dem Ost-
rand des Waldes östlich Zillebeke. Das vom Gegner behaup-
tete Gebiet östlich des Kanals war von 25 Kilometer Breite
auf 13 Kilometer Breite und von 9 Kilometer Tiefe auf
3 Kilometer Tiefe zusammengeschrumpft. Der so ver-
engerte Sack lag noch mehr im Kreuzfeuer der deutschen
Artillerie und zwang den Gegner, sich hier ruhig zu ver-
balten. Dadurch wurde es möglich, der Ausbildung des
Ersatzes, der regelmäßig und rechtzeitig eingetroffen war,
die höchste Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Auch bei dem XXVII. Reservekorps erschien nach dessen
Ebrentagen im Mai alsbald S. M. der König, um zahlreiche
Tapfere zu belohnen und allen seinen Sachsen seinen König-
lichen Dank auczusprechen.
Die s3. Reservedivision war am 8. Juni als Armeereserve
um Ingelmünster (Skizze 26) versammelt worden, die
§s4. Reservedivision hatte deren Abschnitt mit besetzt. Von
Ingelmünster aus wurde die 53. Reservedivision dann der
fünften Armee überwiesen und beim II. bayrischen Armee-
korps in dem bisherigen Abschnitt der 3. bayrischen Infan-
teriedivision zwischen dem Dserkanal bei Hollebeke und der
Gegend südwestlich Wytschaete eingesetzt. Dort gab der
inzwischen erkrankte bisherige, unermüdliche Diovisions-
kommandeur Generalleutnant v. Watzdorf den Befehl über
die Dioision an deren neuen Kommandeur Generalleutnant
Leuthold ab.
Am 6. Juli sprengte der Feind vor Reserve-Infanterie=
regiment 242 zwei Minen, denen 19 Tote und §0 Ver-
wundete zum Opfer fielen, und trat, anscheinend weil auf
deutscher Seite mit Artillerie= und sogar mit Infanterie-
munition gespart werden mußte, immer dreister auf. In-
folgedessen wurde überraschend am 11. Juli die gesamte
feindliche Stellung von unserer schweren Artillerie be-
schossen und dadurch die feindliche Besatzung, indische Kaval-
lerie, sichtlich eingeschüchtert. Mitte Juli wurde die 53. Re-
servedivision wieder abgelöst (durch die sächsische 12 3. In-
217
fanteriedivision), zunächst um Ingelmünster als Armee-
reserve der vierten Armee bereitgehalten, aber bereits am
18. Juli im bisherigen Abschnitt der s4. Neservedivision
bei Hooge für diese eingesetzt.
Die §4. Reservedivision — dabei deren sächsische Truppen:
Reserve-Infanterieregiment 245, Reserve-Jäger 26, I. Re-
serve-Feldartillerieregiment §4 und Reserve-Pionierkompag=
nie 84 — hatte inzwischen in rastloser Tätigkeit nicht nur
die gesamte Kampfstellung des Korps ausgebaut, sondern
auch schon eine Reservestellung Höhe nordöstlich Frezen-
berg—Frezenberg—Arret — Eksternest in Angriff genommen.
Die *4. Reservedivision wies am 16. Juni den Angriff
der englischen 3. Infanteriedivision gegen den linken Flügel
des Korps südlich der Bahn Ppern—Roulers glatt ab,
wobei der Feind auch bei Hooge das benachbarte XV. Armee-
korps angriff. Der am 22. Juni wiederholte englische Vor-
stoß erstickte sofort um Artilleriefeuer der 4. Reservedivision.
Deren Batterien gelang es auch am 6. Juli, einen englischen
Angriff gegen das XXVII. Reservekorps sehr erfolgreich
in der Flanke zu fassen.
Die Ubernahme des Korpoabschnittes durch die s 3. Re-
server ivision, in der Zeit zwischen 18. und 21. Juli, fiel
mit englischen Angriffsversuchen bei Hooge zusammen. Die
Engländer sprengten dort vor der Front des XV. Armee-
korps am 19. Juli einen großen Trichter. Dem XV. Armee-
korpo gelang es am Jo. Juli, Hooge zu nehmen und alle
feindlichen Gegenangriffe am 30. und 31. Juli glatt abzu-
weisen.
k unterstützte die 33. Reservedivision aufs beste den
erfolgreichen Angriff ihrer linken Nachbardivision (der
30. Infanteriedivision) gegen Hooge und den englischen
Stützpunkt südlich der Straße. ⅜
Am 9. August nahmen die Engländer Hooge wieder
und beschossen auch die nördlich daran anschließende 106.
Reserve-Infanteriebrigade, welche s Tote, 89 Verwundete
und 4 Vermißte dabei hatte. Durch das vortrefflich ge-
leitete Feuer der Feldartillerie unter Major v. Metzsch und
der schweren Artillerie des XXVII. Reservekorps unter
Obersileutnant Nothnagel wurde ein augenscheinlich gegen
Bellewaarde-Ferme gleichzeitig vorberciteter englischer An-
griff im Keime ersiickt. Die ganze nächste Zeit herrschte rege
Kampftätigkeit, die erst nach Mitte August abflaute. Be-
sonders Reserve-Infanterieregiment 242 war in seinem
Abschnitt der fortgesetzten Beschießung durch schwere eng-
lische Artillerie ausgesetzt. Anfang September litten die
Gräben wieder sehr unter der nassen Witterung. Es gab
Tag und Nacht viel Arbeit.
Innerhalb der Jeit vom 9. bis zum 17. September wurde
die 53. Reservedivision wieder durch die s4. Reservedivision
abgelöst. Reservc-Infanterieregiment 243 wurde nach Dix-
muiden befehligt und dort mit einem Bataillon vorn ein-
gesetzt.
Die 33. Reservedivision, welche zunächst wieder als
Armeereserve um Ingelmünster bereitgestellt wurde, erhielt
am 29. September Befehl zum Abtransport zum XIX.
Armeekorps. 4
Dorthin ging tatsächlich aber nur die lo6. Reserve-
Infanteriebrigade. Sie wurde vom XIX. Armeekorps in
der Zeit vom 1. Oktober bis 15. November bei der 40.
Infanteriedivision eingesetzt.
Der Hauptteil der 53. Reservedivision einschließlich Re-
serve-Jäger 25, Reserve-Pionierkompagnien "3 und Reserve-
Sanitätskompagnie 53 wurde in der Zeit zwischen 1. und
§. Oktober zur Heeresgruppe des Deutschen Kronprinzen
befördert, als der große französische Durchbruchoversuch
in der Champagne seinen Höhepunkt erreicht hatte.
Die Einzelheiten über die Champagnekämpfe werden
nach Darstellung der Herbsischlacht in der Champagne beim
XII. Reservekorpo erzählt werden. -