Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Armeebefehl für den 23. August 
Am Abend des 22. August erließ das Oberkommando 
der dritten Armee seinen Armeebefehl für den Schlachttag. 
In ihm wurden die Armeekorps über die Lage des Fein- 
des auch vor den Nachbararmeen in Kenntnis gesetzt, so- 
wie davon unterrichtet, daß die zweite Armee am 23. Au- 
gust in Richtung Nord-Süd, linker Flügel von Jemeppe 
auf Mettet angreifen werde. Im besonderen wurde an- 
geordnet, daß die dritte Armee die französische Artillerie 
niederzukämpfen und den Ubergang über die Maas zwischen 
Namur und Givet zu erzwingen habe. Nach Gewinnung 
des westlichen Maaoufers sollte der Höhenrand in Besitz 
genommen, der Feind verfolgt, mit der Masse aber nicht 
über die Linie Haut le Wastia—Sommiere—Onhaye 
hinausgegangen werden. Die Artillerie des XlI. und 
XIX. Armeekorps erhielten Weisung, erst auf Befehl 
des Oberkommandos das Feuer zu eröffnen. Einzelne, 
mit dem ältesten Artilleriebrigadekommandeur festgesetzte 
Gesichtspunkte bestimmten, daß die Batterien schon in 
der Nacht vom 22. zum 23. August in die erkundeten 
Stellungen zu bringen seien, verwiesen auf Flankierungen 
der gegnerischen Stellungen und regelten die wechselseitige 
Unterstützung der Korpoabschnitte. Außerdem bezeichneten 
sie die allgemeinen Aufgaben, die den Batterien bei dem 
Kampfe um die Maaslinie und bei dem weiteren Vorrücken 
des Angriffes zufallen würden und forderten, daß alle Vor- 
bereitungen, einschließlich Munitionsversorgung so zu för- 
dern wären, daß die Feuereröffnung am 23. August s Uhr 
früh auf Befehl des Oberbefehlshabers erfolgen könnte. 
Dem Xll. Reservekorps ward der Auftrag, die linke 
Flanke des XI. Armeekorps sowie die rechte Flanke des 
XII. Armeekorpo gegen Namur zu sichern und eine Infan- 
teriebrigade mit einer Abteilung Feldartillerie und einem 
Zug Kavallerie bei Sponrin zur Verfügung des Oberkom= 
mandov bereitzustellen. Uberdies sollte das Xll. Reserve- 
korpo aus seinem Abschnitte so früh wie möglich mit den 
für seine sonstigen Aufgaben entbehrlich scheinenden Teilen 
den Angriff des XII. und XIX. Armeekorps unterstützen. 
Das Oberkommando der dritten Armee wollte 4 Uhr 
früh an der Straße Achène—Dinant, 2 km westlich Achène 
Aufstellung nehmen und Drahtverbmindung mit den General- 
kommandos und der Armeereserve hergestellt wissen. 
Von diesen Anordnungen hatte das Oberkommando der 
dritten Armee am 22. August 9,05 Uhr abends den Nach- 
bararmeen Kenntnis gegeben, als gegen 11 Uhr abends ein 
Funkspruch des Oberkommandos der zweiten Armee — 
anscheinend schon am 22. August nachmittags dort auf- 
gegeben — einlief, lautend: · 
„Schleuniges Vorgehen der dritten Armee mit rechtem 
Flügel auf Mettet dringend erwünscht. Feind südlich der 
Sambre anscheinend bisher nur drei Kavalleriedivisionen 
mit schwächerer Infanterie. Zweite Armee setzt Bewegung 
bis in Linie Binche-Mettet fort.“ (Skizze 4.) 
Der 11,30 Uhr nachts aus dem Hauptquartier der 
zweiten Armee zurückkehrende Nachrichtenoffizier des Ober- 
kommandoo der dritten Armce bestätigte die Tatsache, daß 
das Gardekorps bereits am 22. August die Sambre über- 
schritten und angegriffen hatte. 
Dieser Tatsache gegenüberstehend, vermochte sich das 
Oberkommando der dritten Armee das Abweichen von der 
getroffenen Vereinbarung seitens der zweiten Armee nach 
Einblick in einen vom Nachrichtenoffizier mitgebrachten Ar- 
meebefehl des Oberkommandos der zweiten Armee vom 
22. August 12,45 Uhr nachmittags nur damit zu erklären, 
daß die an der Sambre angetroffenen französischen Kräfte, 
vom Oberkommando der zweiten Armee ursprünglich höher 
geschätzt, jetzt nur als drei Kavalleriedivisionen mit etwas 
Infanterie bewertet wurden. 
Die weit vorgerückte Nachtstunde, die nur noch eine 
kurz bemessene Frist bis zur festgelegten Aufbruchsstunde 
der Truppen vor sich hatte, ließ das Oberkommando der 
dritten Armee an den einmal getroffenen Bestimmungen 
für den 23. August nichts mehr ändern. Nur die Erwägung 
der Möglichkeit, daß der Gegner infolge des Vorgehens 
der zweiten Armee sich bereits zum Abzuge entschlossen 
haben konnte, führte das Oberkommando der dritten Armee 
zu dem Entschlusse, 11,30 Uhr nachts das XIX. Armeekorps 
anzuweisen, „sich mit der 40. Infanteriedivision noch in 
der Nacht in den Besitz des Übergangs von Hastière— 
Lavaux zu setzen, um, falls der Feind, durch das Vorschreiten 
der zweiten Armee sich bereits zum gurückgehen entschlossen 
hat, zur Verfolgung bereit zu sein“. 
Wir werden später bei der Schilderung des Kampfes 
um Hastière sehen, wie das XIX. Armeekorps diesem Be- 
fehl tatsächlich schon zuvorgekommen war. Bereits seit 
11 Uhr nachts stand das tapfere II. Bataillon des Infan= 
terieregiments Kronprinz 104 in furchtbarem Ortskampf 
in Hastiere par de la. 
Die Schlacht an der Maas am 23. August 
Es war ein heißer Augustsonntag, dem eine kühle Nacht 
voranging. Dichter Nebel lag zunächst über dem Maastal 
und seinen Seitenschluchten. 
Der Oberbefehlohaber der dritten Armee, Generaloberst 
Freiherr von Hausen nahm auf seinem Gefechtsstand süd- 
lich des Dorfes Taviet die Meldung von der Feuerbereit- 
schaft des Xll. und XIX. Armeekorps s Uhr früh entgegen. 
Der Artillerieangriff 
Unter dem Schutze der Nacht war eine gewaltige Artil= 
lerielinie auf der Hochfläche östlich der Maas von Mvoir 
bis Blaimont aufgebaut worden. Aus ihr sollten neun 
Artillerieregimenter mit 57 Batterien, dazu die beiden Ba- 
taillone des Fußartillerteregiments 1o sowie das halbe 
II. Bataillon Fußartillerieregiments 3 gleichzeitig ein über- 
wältigendes Feuer eröffnen. Aber der nur an einzelnen 
Stellen weichende Nebel gab die Ziele noch nicht frei, als 
die 4. Batterie des Feldartillerieregiments 48, etwa die 
Mitte der gewaltigen Artilleriefront, durch eine Salve das 
Jeichen zur Feuereröffnung 5,50 Uhr vormittags erteilte. 
Auf dem äußersten rechten Flügel des Angriffs war das 
23. Reserve-Feldartillerieregiment unter Oberst Neubauer 
tätig, zu dessen III. Abteilung noch das halbe II. Bataillon 
des Fußartillerieregiments 3 am Schlachttage hinzutrat. 
Es bereitete auf den Höhen von Evrehailles den Angriff 
der beiden Infanteriebrigaden der 23. Reservedivision auf 
Bvoir und Houx vor. 
Weiter südlich war die 32. Feldartilleriebrigade unter 
Generalmajor Schramm, verstärkt durch das I. Bataillon 
Fußartillerieregiments 19 unter Major Schmidt auf den 
Höhen bei der Ferme Viet in Stellung gegangen. Nördlich 
der Ferme stand das Feldartillerieregiment 28 unter Oberst- 
leutnant Richter, seine I. Abteilung zunächst noch bei der 
Korporeserve ösilich Thynes zurückgehalten. Das Feldartil- 
lerieregiment 64 unter Oberstleutnant Wagner eröffnete 
südöstlich der Ferme Viet gegen 7 Uhr morgens das Feuer. 
Südlich der Straße Gemechenne—Dinant schloß die 
23. Feldartilleriebrigade unter Generalmajor Zincke an. Ihr 
Feldartillerieregiment 48 unter Oberstleutnant Dammüller 
stand mit der I. Abteilung nördlich und mit der II. Ab- 
teilung südlich von Gemechenne. Das Feldartillerieregi- 
ment 12 unter Oberstleutnant Schulz füllte den Naum 
anschließend bis nördlich Herbuchenne aus.
	        
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