Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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über eine Strecke von 2 km, die letzten 600 m auf dem 
stark abschüssigen Engweg, der vom jenseitigen Ufer in 
seiner vollen Länge mit Maschinengewehrfeuer zu fassen 
war, von Mannschaften getragen werden. Für jedes Pon- 
ton waren 20 Träger und ebensoviel Ersatzleute erforder- 
lich. Das Heranschaffen der Pontons wurde dem Haupt- 
mann von Montbé des Leibregiments mit seiner 8. Kom- 
pagnie, verstärkt durch einen Zug der 7. Kompagnie des 
Leibregiments, und einem Pionierkommando der 1. Kom- 
pagnie Pionierbataillons 12 unter dem Leutnant d. R. 
Arndt, übertragen. Die braven Leibgrenadiere rückten mit 
ihrer schweren Last entschlossen über das offene, vom jen- 
seitigen Maasufer eingesehene Wiesengelände bis an den 
Engweg vor, nicht achtend des immer stärkeren Schrapnell- 
und Infanteriefeuers, das fortgesetzt Opfer unter den waf- 
fenlos unter der Last der Pontons vorrückenden Leibgrena- 
dieren forderte. Im Engweg brachen unter dem feind- 
lichen Maschinengewehrfeuer die vordersten Pontons, von 
Geschossen durchsiebt, unter ihren toten und verwundeten 
Trägern zusammen. Die Ersatzleute griffen wacker zu. Als 
auch sie erlagen, traten Freiwillige, besonders auch die 
von den anderen Kompagnien herbeieilenden Offiziere ent- 
schlossen an ihre Stelle. Die Verluste der tapferen 8. Kom- 
pagnie waren schwer. Der Führer des zweiten Pontons, 
Fähnrich von Feilitzsch, wurde als einer der ersten schwer ver- 
wundet; den Heldentod starb wenig später der Leutnant Treusch 
von Buttlar, der das erste Ponton geführt hatte. Neben dem 
Kompagnieführer fielen Melder, Nadfahrer und Spielleute, 
aber nicht eher ruhten die Uberlebenden, bis die Pontons 
einzeln herabgeholt waren. So gelang es schließlich wenig- 
stens sieben Pontons bis hinter die Uferhäuser herabzu- 
schleifen. Das achte blieb ganz zerschossen liegen. Mit der 
Trägerkompagnie hatten tapfere Helfer aus anderen Kom- 
pagnien, besonders der 3. Kompagnie unter Leutnant von 
Ehrenthal und von der 9. Kompagnie gewetteifert. Natür- 
lich griffen auch die Pioniere selbst fest zu. Sie dichtetem 
dann unten am Flusse notdürftig ihre durchsiebten Pontons 
mit Fetzen und Holz ab, während ringsum der Häuserkampf, 
der am Nachmittag abgeflaut war, von neuem aufflammte. 
Inzwischen hatte das Schwesterregiment, das 2. Gre- 
nadierregiment „Kaiser Wilhelm“ 101 unter dem Oberst 
Meister, das links vom Leibgrenadierregiment auf Les 
Nivages angesetzt war, dort mit den ersten Abteilungen 
glücklich die Maas überschritten. Der feindliche Widerstand 
vom linken Maasufer auc hörte dann auch in Neffe auf. 
Das ermöglichte schließlich am Abend, die sieben Pontons 
des Diovisionsbrückentrains 23 aus der Südvorstadt von 
Dinant auf der Uferstraße fast unbeschossen nach der Über- 
setzstelle in Les Rivages zu bringen, wo sie alsbald zu 
Wasser gebracht, am Uberführen der Kaisergrenadiere teil- 
nahmen. 
Der Gefechtstag war im übrigen auch beim 2. Gre- 
nadierregiment 101 in aufreibendem Ortskampf verstri- 
ehen. Sein Verlauf ist der folgende: 
Das Regiment erreichte am Vormittag, zwar heftig mit 
Schrapnellfeuer beschossen, aber fast ohne Verluste das 
freundlich am Maasufer gelegene Les Rivages. Der Ort 
war vordem, ebenso wie die umliegenden Uferorte, eine 
bekannte und beliebte Sommerfrische der belgischen Groß- 
stadtbevölkerung. Der Bürgermeister des Ortes gab die 
Versicherung ab, daß keiner der Eimvohner im Besitze von 
Waffen sei, und keinerlei Ansehlag auf die Truppen er- 
folgen würde. So begann denn im Schutze der Grenadiere 
die 3. Kompagnie der 12er Pioniere sofort mit dem Ma- 
terial des Korpsbrückentrains des XII. Armeekorps den 
Bau einer Pontonbrücke über die Maas. Erst jetzt setzte 
starkes Gewehrfeuer aus den Häusern jenseits des Flusses 
ein, durchlöcherte die Pontons und zwang zur Einstellung 
des Brückenbaues. Aber es gelang trotzdem zunächst die 
2. Kompagnie der Kaisergrenadiere in Pontons überzusetzen. 
Mit dem ersten Ponton fuhr der Kompagniechef Haupt- 
mann Legler, bald folgten auch zwei Maschinengewehre 
unter Leutnant von Hingst 
Die Grenadiere stürmten sofort den vorliegenden Höhen-= 
rand und säuberten die Hecken und Gebüsche von der eiligst 
flüchtenden französischen Infanterie, die sich erst weiter 
rückwärts in vorbereiteten Schützengräben wieder setzte. Bald 
erreichte auch das III. Bataillon, voran die 11. Kompagnie 
von den unermüdlichen Pionieren übergesetzt, das linke 
Flußufer und säuberte den nächstgelegenen Teil des lang- 
gestreckten Ortes Neffe, aus dessen Häusern von Franzosen 
und Ortseinwohnern lebhaft geschossen wurde. Dem Oberst- 
leutnant von Abeken, dem Kommandeur des III. Batail- 
lons gelang es darauf, im Verein mit der 2. Kompagnie 
die französischen Schützengräben oberhalb des Ortes zu 
nehmen. Es wurden etwa 200 Gefangene der Regimenter 
47, 242, 247 und 243 gemacht. Das Bataillon ging 
schließlich nördlich der Ferme Nond Chsne zur Ruhe über. 
In Les Nivages hatte sich inzwischen schreckliches abge- 
spielt. Auf die Kompagnien des I. Bataillons, die auf das 
Übersetzen an der Maas warteten, erfolgte plötzlich aus 
allen Häusern, Hecken und Gärten ein Feuerüberfall der 
tückischen Bewohner. Jedes Haus mußte gestürmt und 
aufgebrochen werden und schon brach der Abend an, ohne 
daß es gelungen war, den Widerstand ganz zu brechen und 
alle Zivilschützen aus ihren Hinterhalten hervorzuholen. 
Schließlich ging der ganze, wundervoll am Maaaufer ge- 
legene Ort in Flammen auf. 
Allmählich folgte der Rest des Grenadierregiments 101 
auf das linke Maasufer und nahm unter dem Regiments- 
kommandeur Oberst Meister alsbald die rücksichtslose Ver- 
folgung des Feindes in Richtung auf Onhaye auf. 
Die Franzosen gaben noch vor Abend den Widerstand 
im ganzen Maasbogen von Dinant auf, wie es scheint, 
unter dem Eindruck der Niederlage ihrer fünften Armee an 
der Sambre und bestürzt durch den schnellen Fall der seit 
zwei Tagen erst beschossenen Forts von Namur. 
Im Laufe der Nacht vom 23. zum 24. August glückte 
es dem Gegner, seine Hauptkräfte, gedeckt durch zwei in 
guten Stellungen verbliebenen Brigaden — Infanterie und 
Artillerie — vom Gefechtofelde bei Dinant links der Maas 
in südwestlicher Richtung zurückzuführen. Nur seine Nach- 
huten setzten auch noch am Abend des 23. August den 
Kampf im Naume von Dinant fort, bis sie das Vor- 
dringen der Abteilung Meister zwang, auch bei der Stadt 
Dinant das noch bis zum Abend gehaltene linke Maas- 
ufer freizugeben. 
So gelang auch in Dinant selbst noch vor Einbruch der 
Dunkelheit neben der Straßenbrücke, die gegen s Uhr nach- 
mittags von den Franzosen gesprengt wurde, das Uber- 
setzen der ersten Infanterie. Es waren das sächsische 
Schützen. 
Gegen 6 Uhr abends arbeitete sich die 12. Kompagnie 
des Schützenregiments 1o8 unter dem Hauptmann E. Mar- 
tini mit zwei Maschinengewehren unter Leutnant Haepe 
durch das brennende Dinant bis zum Maaaufer vor. Ihr 
war ein Pioniertrupp (ein Unteroffizier und acht Pioniere) 
unter dem Feldwebel Fuhr der 3. Kompagnie Pionierbatail= 
lons 12 beigegeben, der den Auftrag hatte, die Spreng- 
ladung von der Brücke zu entfernen. 
Am jenseitigen Ufer lagen ein Boot und eine alte Zille 
angekettet. Der Feind schoß noch aus den benachbarten 
Häusern auf jedes sichtbar werdende Ziel. Trotzdem schwam- 
men der Gefreite Herbert und der Schütze Weigel und 
fast gleichzeitig der Pionierfeldwebel Fuhr mit zwei Mio- 
nieren, Pistole im Munde, Beillpicke auf dem Rücken und 
Drahtscheere zur Hand, binüber. Heftiges Feuer schlug 
ihnen entgegen. Zwei Franzosen, die zum Schutze der
	        
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