Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

Überblick über die Kriegsjahre 1916 bis 1918 
1916 
Für 1916 suchten die Mittelmächte nunmehr die Ent- 
scheidung herbeizuführen; Österreich durch einen Gewalt- 
schlag gegen Italien in Südtirol, Deutschland durch Be- 
zwingung von Verdun. Die Osifront sollte sich währenddem 
auf Abwehr beschränken. 
Nunmehr erschien die englische Milllionenarmee, seit 1914 
in zähem Arbeiten von den Briten geschaffen, auf dem 
Kampfplatz beiderseits der Somme, um den französischen 
Bundeögenossen zu entlasten. 
War von Sachsen nur die §8. Infanteriedivision an der 
Verdunschlacht beteiligt, so sollten beinahe alle sächsischen 
Dioisionen des Westheeres, die meisten sogar zweimal, an 
den sieben Monate andauernden Sommekämpfen teilnehmen. 
Ende Juni brach der englische Angriff gegen die deutsche 
Front zwischen Arras und Chaulnes los. Seine Hauptziele 
waren Bapaume und Peronne nördlich der Somme. 
Vor Verdun tobte der verlustreiche Kampf zunächst 
weiter, als am 22. Juni der Angriff an der Somme ein- 
setzte. Auf dem nöchlichen Drittel der nur 45 Kilometer 
breiten Sommefront griffen die Engländer an, anschließend 
die Franzosen, die jetzt schon eine halbe Million farbiger 
Truppen auf das Schlachtfeld heranführten. Neun Tage 
währte das Trommelfeuer, das unermeßliche amerikanische 
Munition ermöglichte. Am 1. Juli wurde das Feuer hinter 
die deutsche Front verlegt und dem Sturm mit Gasschießen 
vorgearbeitet. Trotzdem hielt die deutsche Front stand. In 
zähem Ningen wurden wohl Teile aufgegeben, aber nirgends 
wurde die Stellung durchbrochen. Nach Abflauen der An- 
geiffe um die Jahreswende waren die Hauptbrennpunkte des 
Großkampfes, Bapaume, Peronne und Chaulnes, noch fest 
in deutscher Hand. Kaum 20 Kilometer weit hatten sich 
die eingesetzten 104 englisch-französischen Divisionen gegen 
etwa die Hälfte deutscher Divisionen in sieben Kampf- 
monaten vorzuarbeiten vermocht. Ihrem Verlust von 
700 Ooo Mann stand ein erheblich niedrigerer deutscher Ge- 
samtverlust gegenüber. 
Auf der Östfront war inzwischen eine kritische Wendung 
zuungunsten der Mittelmächte eingetreten. Bereits in der 
ztveiten Märzhälfte hatte die große Entlastungvoffensive 
der Russen an der Seenfront östlich der Bahn Wilna—Düng- 
burg eingesetzt. Sie erstickte „in Blut und Sumpf“, wie 
der deutsche Heeresbericht meldete. 
Ebenso erging es dem gleichzeitigen Russenvorstoß nörd- 
lich des Pripetbeckens. 
Aber die Hauptprüfung brachte erst der Juni der öster- 
reichischen Front südlich des Pripets. Auf 475 Kilometer 
Front standen dem brutalen Draufgänger Brussilow 
2 ½ Millionen im Winter sorgfältig ausgebildete Russen 
zum Durchbruch der österreichischen Front zur Verfügung. 
So war die Lage der Mittelmächte im August 1916 eine 
wirklich kritische. Oementsprechend war die Rechnung der 
Numänen, die in der Absicht gipfelte, über die dem Unter- 
gang geweihten Mittelmächte herzufallen, um noch einen 
Fetzen der Beute zu erwischen, durchaus verständlich. Ru- 
mänien erklärte am 27. August den Krieg an Österreich. 
Sein 430 000 Mann starkes Heer überschritt gleichzeitig 
die Grenze Siebenbürgens. Nur Deckungstruppen blieben 
in der Dobrudscha gegenüber dem zunächst noch zwie- 
spältigen Bulgarien. Der von der Obersten Heeresleitung 
vorausgesehene Krieg war glänzend vorbereitet. 
Falkenhayn erhielt den Befehl über die neunte deutsche 
Armee, die Schulter an Schulter mit Österreichern und 
Ungarn aus dem westlichen Siebenbürgen über die Karpathen 
gegen die Westfront von Bubarest in unaufhaltsamem 
Siegessturm vorbrach, während Generalfaldmarschall v. 
Mackensen mit seiner bulgarischen Heeresgruppe, Deutschen, 
Bulgaren und Türken, von Süden her über die Donau 
hinüber anstürmte. Anfang Dezember 1016 fiel die große 
Festung Bukarest in die Hand Mackensend, der nach Ver- 
einigung der verbündeten Heere den Oberbefehl übernahm. 
Anfang Januar 1917 standen diese am Nordrande der 
Dobrudscha, auf dem Westufer der Donau bei Braila 
und entlang des Sereth. 
Die Russen waren bei Jahresschluß scheinbar am Ende 
ihrer Angriffskraft. Die Ostfront erwartete einen ruhigen 
Winter. 
In Frankreich trat im Herbst vor Verdun ein Rückschlag 
ein. Amn 24. Oktober mußte die Panzerfeste Douaumont 
aufgegeben werden, am 1. November wurde auch Fort Vaux 
befehlsgemäß geräumt, und am 15. November warf ein 
überraschender französischer Angriff die deutsche Einschlie- 
hungsfront nördlich Verdun wieder ein beträchtliches Stück 
zurück. 
Die Sachsen im Kriegsjahre 1016 
Leider sind sächsische Divisionen bei den großen Glanz- 
leistungen des Jahres, insbesondere bei dem Feldzug in 
Rumänien, nicht beteiligt worden. Dort fand nur das 
sächsische Infanterieregiment 182 bei der neunten Armee des 
Generals der Infanterie v. Falkenhayn am 26. November 
Gelegenheit zu besonderer Auszeichnung. Sein III. Bataillon 
unter dem Oberleutnant Reinhardt durchbrach in frischem 
Zupacken die feindliche Front, nahm sieben Maschinen- 
gewwehre und machte fast 500 Gefangene. Drahtliche Aner- 
kennung durch den Oberbefehlshaber und Erwähnung im 
Heeresbericht lohnten die braven Draufgänger. 
Die Haupttat der Sachsen 1016 ist ihre ruhmvolle Be- 
teiligung an der Sommeschlacht. Auch vor Verdun haben 
die Sachsen ihren Blutzoll reichlich bezahlt. 
Im Januar 1916 begann die 23. Infanteriedivision des 
XII. Armeekorps mit der Erstürmung des Viller Berges am 
10. März den Reigen. Dabei zeichneten sich besonders das 
Schützenregiment 108 und das Grenadierregiment 101 aus. 
An dem Angriff auf Verdun nahm von Mitte März 
bis 10. April die " 8. Infanteriedivtsion rühmlichen Anteil. 
Ihre beiden Sachsenregimenter, Infanterieregimenter 106 
und 107, litten dabei stark zwischen Feste Douaumont und 
Vauxsee. Bei den schweren Abwehrkämpfen vor Jahres= 
schluß stand in und bei Fort Vaux die 192. Infanteriedivi- 
sion. Sie hielt unter schwersten Verlusten tapfer aus. Das 
Fort Vaux wurde erst auf Befehl der Kampfleitung wider- 
willig von dem braven Reserveregiment 245 geräumt. 
Die Sachsen an der Somme 
Als erste geschlossene sächsische Dioision griff die 123. 
Infanteriedioision vom 8. bis 23. Juli im Abschnitt dicht 
nördlich der Somme zwischen den Dörfern Maurepas und 
Hem in den Kampf ein. „Eine gewaltige, durch Flieger 
gut geleitete Artillerie hatte vorher an der Somme mit un- 
geheurem Munitionsaufwand unsere Artillerie niedergehalten 
und zerschlagen. Unsere infanteristische Verteidigungskraft 
wurde derart zermürbt, daß der feindliche Massensturm 
gelang. Wir büßten nicht nur an seelischer Spannkraft ein, 
sondern verloren neben hohem blutigen Ausfall eine be- 
deutende Anzahl Gefangener und Kriegogerät (Ludendorff 
Seite 209).“ Die artilleristischen und Luftkampfverhält- 
nisse wurden durch das Bemühen der neuen Heeresleitung
	        
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