Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

den Angriff vorzutragen. In blutigen Kämpfen am 7. 
und 8. Mai, dann nochmals am 20. Mai wurden sie end- 
gültig abgewiesen. Mentereien im französischen Heer nach 
den furchtbaren Opfern dieser rücksichtslosen Angriffe Ni- 
velle's wurden mit Strenge unterdrückt. 
Die weiteren Erfolge des UBootkrieges spornten die 
Engländer zu weiterem tatkräftigen Handeln an. Sie ver- 
legten den Schwerpunkt ihrer Angriffe nach Flandern. Die 
Einnahme der deutschen U- Bootbasis wurde ihr Ziel. Daran 
hielten sie fest bis zum Kriegsende. 
Zunächst schufen sie die Ausgangsstellung für den großen 
Flandernangriff und setzten sich in den Besitz des Wytschaete- 
bogens südöstlich von Dpern. 
Gegenüber den Russen rerhielt sich das Ostheer im ersten 
Halbjahr 1917 durchaus abwehrend. Die Reichsleitung 
wünschte das, um ihre Friedensanbahnung nicht zu stören. 
Aber schon im Mai war ersichtlich, daß der Diktator 
Kerenski die Armee wieder festigte. Die Oberste Heeres- 
leitung verkannte die Gefahr untätigen Zuwartens durchaus 
nicht, durfte aber Friedensmöglichkeiten nicht durch Angriff 
beschränken. Da griffen am 1. Juli die Russen selbst an. 
Nunmehr erhielt die Oberste Heeresleitung die volle Frei- 
heit des Handelns zurück. 
Der russische Angriff war großzügig geplant. Er er- 
folgte kurz nacheinander aus dem Rigaer Brückenkopf, bei 
Dünaburg, am Narotschsee, bei und südlich Smorgon und 
in ganz Osigalizien, hier der Hauptangriff. Er wurde recht- 
zeitig vorausgesehen. Sechs deutsche Divisionen von der 
Westfront gingen nach dem Osten. Oberost erstrebte, nach 
Abwehr des Angriffs, Gegenstöße oberhalb von Riga und 
östlich von Lemberg. Dort sollte die Russenfront südwärts 
aufgerollt werden. 
Wider Erwarten hatten die russischen Angriffe in Galizien 
gegen die k. u. k. Armeen vollen Erfolg. 
Am 19. Juli erfolgte bei Zborow der geplante deutsche 
Gegenangriff. Er verlief glänzend. In 20 Kilometer Breite 
drang er bis 15 Kilometer tief durch alle Nussenstellungen 
durch. Am 25. Juli fiel Tarnopol. Unaufhaltsam rollte 
der deutsche Ansiurm nach Südosten weiter. Die Nach- 
bararmeen traten nacheinander an. Bis in die Bukowina 
binein kam die Osifront der Mittelmächte in Bewegung. An- 
fang August wurde der Grenzfluß Sbrutsch erreicht. 
Der Flandernangriff der Engländer, unterstützt 
bon einigen französischen Divisionen, erfolgte auf 25 Kilo- 
meter breiter Front nach bis dahin unerhörter Artillerie= 
vorarbeit. Jahlreiche Tanks erschienen auf dem Kampf- 
feld, Kavalleriedivisionen standen zum Nachhauen bereit. 
Doch die vierte Armee bielt stand. 
Der erschöpfte Franzose beschränkte sich auf Versuche 
nördlich St. Quentin und am Damenweg, vor Verdun 
machten Franzosen am 20. und 21. August einen ernsten 
Angriff beiderseits der Maas. Auch am 26. August blieben 
die Franzosen vor Verdun die Sieger. 
Die größte Belastungsprobe des Jahres 1917 gäbrachte 
aber der gegen Italien geplante Gewaltschlag. Für ihn 
mußte die Wesifront vier Dioisionen hergeben in einer Zeit, 
wo dort alles auf des Messers Schneide stand. 
Gerade am 22. Oktober, an dem der Beginn der Italien-= 
offensive geplant war, begann der fünfte Akt des ergreifen- 
den Dramas in Flandern. 
Der 26. und 30. Oktober, der 6. und 10. November er- 
brachten in Flandern neue Großkamoftage und schwerste 
Prüfungen. Von sächsischen Divisionen focht dort die 
40. Infanteriedivision von Mitte Juli bis Mitte August 
und dann nochmals von Mitte bis Ende Obktober, beide 
Male verteidigte sie mit unerschütterlicher Zähigkeit den 
Abschnitt von Merkem südwestlich des Houthoulsterwaldes. 
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Die 32. Infanteriedivision nahm im August an den 
Großkämpfen am Herenthagepark teil und hielt bis in den 
Januar 1918 hinein die ihr anvertraute Stellung. 
Außerdem kämpfte die 23. Reservedivision in dem 
schwerstumrungenen Abschnitt von Passchendaele vom 24. 
September ab bis zum Ende der Riesenschlacht in Flandern. 
An der ganzen Osifront ruhte jede Kampftätigkeit. Nach 
Teilverträgen über Waffenruhe kam am 7. Dezember der 
Waffenstillstand von Brest Litowsk zustande, der vom 
15. Dezember mit Frist zunächst bis 14. Januar lo#s lief. 
Sofort begannen die Verstärkungen nach der Westfront zu 
rollen. 
Dii# Lage der Mittelmächte erschien bei Jahresschluß glän- 
zend, die Aussicht, den Krieg siegreich zu beenden, sicher. 
Der Eindruck des Umschwungs in der Kriegslage war auch 
bei der Entente erkennbar. Aber im November übernahm 
Clemenceau, Frankreichs stärkster Mann, die Regierung, 
unterdrückte sofort jede Friedensregung und festigte den 
Geist seines Landes, genau wie Lloyd George, der im De- 
zember 1916 in England die Negierung übernommen hatte 
und seitdem das ganze englische Weltreich fest und ent- 
schlossen hinter sich wußte. Auch in Amerika ging die Re- 
gierung mit äußerster Schärfe gegen alle Friedensschwär- 
merei vor. Selbst in Italien verhinderte die Entente jede 
Regung von Schwäche. Es war klar, der Krieg konnte 
nur durch Sieg beendet werden angesichts des Vernich- 
tungswillens der Feinde. Aber die Mehrheit des deutschen 
Volkes, voran die unfähige Regierung und die verblendete 
Mehrheit im Reichstag glaubte dem Wahngebilde von Frie- 
den ohne Besiegte, Verzicht auf Entschädigungen, Freiheit 
der Meere und wie die Trugbilder sich nannten, mit denen 
die feindliche Propaganda und die heimische Judenpresse die 
Seele des hungernden deutschen Volkes vergifteten. 
1918 
Der Gang der Friedensverhandlungen mit Rußland, 
der am 22. Dezember 1917 in Brest Litowsk seinen Anfang 
nahm, dämpfte bei Jahresbeginn sehr bald die Erwartungen. 
Nach wochenlangem Hinziehen der Verhandlungen brach 
Deutschland, nachdem am 9. Februar der Friede mit der 
Ukraine zustande gekommen war, die Verhandlungen mit 
dem bolschewistischen Großrußland ab. Am 18. Februar be- 
gann der deutsche Vormarsch auf der ganzen großrussischen 
Front. Sächsischerseits nahmen die 23. Reservedivision und 
die drei Landwehrdivisionen 45, 46 und 47 daran teil. 
In kurzer Zeit wurde die Linie Mohilew—Polozk— 
Narwa erreicht. Der Russe leistete keinen Widerstand. Er- 
hebliches Material fiel in deutsche Hand. Die Bevölkerung 
begrüßte die Deutschen als Befreier von dem Joch der Bol- 
schewisten. Die deutsche Verwaltung stellte alsbald Ruhe 
und Ordnung her. 
Gleichzeitig wurde auch zum Schutze gegen die Bol- 
schewisten die Ukraine besetzt. Die Österreicher wollten zu- 
nächst nicht mittun. Dann sehwenkte Kaiser Karl plötzlich 
wieder ab. Die Österreicher gingen auf Odessa, die Deutschen 
über Kiew, das am 1. März besetzt wurde, schließtich bis 
ins Gebiet der Donkosaken vor. Die Operationen folgten 
den Bahnen, voran Panzerzüge und Flieger. Zu ernsteren 
Kämpfen kam es erst später mit den Tschechoslowaken. 
1 800 Ooo Mann hatte die k. u. k. Armee an Gefangenen 
und Uberläufern im bisherigen Krieg eingebüßt. Schmerz= 
lich für uns Deutsche war dabei, daß diese Überläufer eine 
entsprechende Stärkung des Feindes in Süd und Ost be- 
deuteten. 
Die bolschewistische Regierung Rußlands schloß sofort 
nach Beginn des deutschen Vormarsches Frieden. 
Weniger glatt verlief der Friedensschluß mit Rumänien.
	        
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