Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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von Leipzig) vom 24. September 1706 verstehen, der 
August zum Verzicht auf Polen und Litauen und zur An- 
erkennung des Gegenkönigs von Karls Gnaden, des Sta- 
niclaus Leszezynski, nötigen sollte. August, der selbst in 
Polen stand, verweigerte seine Zustimmung zu den Ver- 
einbarungen seiner Bevollmächtigten, die ihre Vollmachten 
überschritten hätten, und versuchte nochmals das Waffen- 
glück: es entschied zu seinen Gunsten; denn durch die unter 
Augusts eignem und des Fürsten Mentschikoff Befehl ver- 
einigten Sachsen, Polen und Russen wurden die Schweden 
unter Mardefeld bei Kalisch am 29. Oktober 1706 ver- 
nichtend geschlagen und dadurch die Schmach von Frau- 
stadt getilgt, die Schlacht vermochte aber den Ausgang des 
ganzen Krieges nicht mehr zu ändern. Sachsen war ver- 
loren, von Polen aus konnte August es nicht zurückerobern. 
Um sein Kurfürstentum, das von den Schweden hart aus- 
gesogen wurde, von der feindlichen Besetzung zu befreien, 
mußte der König-Kurfürst sich endlich doch zur An- 
erkennung der schweren Friedensbedingungen entschließen. 
Auch die noch in Polen stehenden sächsischen Truppen 
wurden zurückgerufen, und nach Abzug der Schweden aus 
Sachsen im Herbste 1707 wendete sich August mit größtem 
Eifer dem Wiederaufbau und Ausbau seines Heeres zu, 
denn jene Zeit bediente sich nicht solcher wahnwitziger 
Friedensklauseln, die dem Geschlagenen für lange Zeit die 
Möglichkeit einer Wiedererstarkung nehmen sollten; erst 
der echt korsischen Rachsucht Napoleons I. war es hundert 
Jahre später vorbehalten, sie den verhaßten und immer 
noch gefürchteten Preußen aufzunötigen, und seine ruhm- 
losen Epigonen von 1918/10 sehen in der möglichst dauern- 
den Wehrlosmachung des im Kampfe unbesiegten Deutsch- 
land die einzige Abhilfe vor der ihnen sonst drohenden 
deutschen Wiedervergeltung in der Zukunft. 
Französischer Krieg. 
Zweiter Schwedisch-Polnischer Krieg 1709—1716 
Da der Reichskrieg gegen Frankreich im Rahmen 
deo großen Spanischen Erbfolgekrieges fortdauerte, fochten 
sächsische Truppen auch in den nächsten Jahren 1707 und 
1708 unter dem Generalleutnant Christoph August 
Grafen von Wackerbarth bei der Reichsarmee am 
Rhbeine gegen die Franzosen und nahmen an der Belage- 
rung und Einnahme von Lille vom August bis Dezember 
1708 ebenso rühmlich teil, wie am 12. Oktober 1914 ihre 
Nachkommen an der Eroberung derselben Festung; Sachsen 
bildeten dann auch die Besatzung von Lille. Während der 
Belagerung war König August selbst uigegen gewesen und 
auch sein Sohn Graf Moritz von Sachsen hatte damals die 
Feuertaufe erhalten. Auch bei der Belagerung und Ein- 
nahme von Tournai, bei welcher Schulenburg und 
Wackerbarth sich auszeichneten, im September 1700, sowie 
an dem glänzenden Siege des Prinzen Eugen von Savoyen 
über die Franzosen bei Malplaquet am II. September 
1709 waren die Sachsen unter Schulenburg ehrenvoll be- 
teiligt, desgleichen bei der Belagerung und Einnahme der 
Festungen Mons, Douai (April bis Juni 1710), Bethune 
(Juli—August 1710), St. Venant (September 1710), 
Aire (September bis November 1710), Bouchain (August— 
September 1711), Le Quesnoi (Juni—Juli 1712). Das 
deutsche Heldenringen in Flandern und Nordfrankreich vom 
Oktober 1914 bis zum Oktober lols, an dem gleichfalls 
sächsische Truppen so glänzenden, wenn auch blutig er- 
kämpften Ruhmesanteil hatten, fand also auf demselben 
Schauplatze statt, der schon zwei Jahrhunderte früher säch- 
sische Fahnen siegreich wehen sah. 
In Polen war inzwischen der Krieg zwischen den Russen 
und den Schweden fortgeführt worden, bis des Zaren 
Peters des Großen Heer durch den entscheidenden Schlag 
bei Pultawa in der Ukraine am 8. Juli 1709 das schwe- 
dische Heer vernichtete und durch die Abdrängung Karls XlI. 
mit dem kleinen Reste seiner Truppen auf türkisches Ge- 
biet dessen Widerstandsfähigkeit völlig lähmte. Dadurch 
erlangte August der Starke seine Bewegungsfreiheit zurück, 
da er sich an den erzwungenen, schon vorher durch die 
Schweden verletzten Altranstädter Frieden nicht mehr ge- 
bunden erachtete. Er hatte die Zwischenzeit zur Wieder- 
herstellung des Heeres benutzt. Noch im selben Jahre 1700 
gingen sächsische Truppen nach Polen ab und bekämpften 
zusammen mit den Russen die Schweden und die polnische 
Gegenpartei, die, mit ihrem Schattenkönig Stanislaus nun 
des schwedischen Rückhalts beraubt, zusammenbrach. Riga 
wurde 1710 von den Russen, zu denen einzelne sächsische 
Truppenteile abgeordnet waren, eingenommen, wobei sich 
die sächsische Artillerie und Genietruppen besondere An- 
erkennung erwarben und zum äußeren Zeichen ihrer ver- 
dienstlichen Mitwirkung beim Einzug der Sieger in die 
Festung an deren Spitze einmarschieren durften. 
Während der Jahre 1711—1716 kämpften die Sachsen 
mit den Russen, Dänen und zuletzt auch Preußen ver- 
bündet zum Teil in Polen, zum Teil in dem damals noch 
schwedischen Pommern, sowie in Mecklenburg und 
Schleswig= Holstein mit wechselndem Erfolge gegen die 
Schweden. Die Hauptkämpfe spielten sich vom Oktober bis 
Weihnachten 1715 um die starke Ostseefestung Stral- 
sund in Vorpommern ab, die zeitweise der auf seinem be- 
rühmten Gewaltritte von 14 Tagen aus der Türkei herbei- 
geeilte König Karl selbst verteidigte, während bei den Be- 
lagerungsheeren sich die verbündeten Könige von Preußen 
und Dänemark befanden. Die Leitung der Operationen lag 
vorwiegend in der Hand des sächsischen Feldmarschalls 
August Christoph Grafen von Wackerbarth. Die Ver- 
teidigung war hartnäckig; erst nachdem Sachsen und 
Preußen unter dem Befehl des Fürsten von Anhalt-Dessau 
und des sächsischen Generals von Wilke am 15. November 
die gegenüberliegende, auch in schwedischen Händen befind- 
liche Insel Rügen besetzt und in mehrtägigen glücklichen 
Kämpfen von den feindlichen Truppen gesäubert hatten, 
ließ sich die Belagerung schärfer durchführen. Karl IXII. 
selbst setzte sich in seiner gewohnten rücksichtslosen Weise 
bei Angriffen und Verteidlgungen den größten Gefahren 
aus, doch alle seine persönliche Tapferkeit, seine Wut und 
Hartnäckigkeit verfingen nicht gegenüber der lberlegenheit 
und besonders der bedachtsamen Zähigkeit, mit welcher man 
ihm und der Festung zuleibe ging. Nachdem nach Wacker- 
barths Plänen erst die Feldverschanzungen in der Nacht 
vom 4./§. November eingenommen waren, dann auf der 
andern Seite Rügen gefallen war, rückten langsam, aber 
unaufhaltsam die Belagerer an die Stadt selbst heran; am 
J. Dezember konnten sie sich der Kontrescarpe, am 17. 
des Hornwerks in erbitterten Kämpfen bemächtigen; Karls 
Ausfall am ls. scheiterte und er mußte selbst fürchten, 
in die Hand seiner Gegner zu fallen. Mit Gefahren und 
Mühen gelang ihm seine Einschiffung; am 19. Dezember, 
vier Tage vor der Kapitulation, entkam er aus der be- 
drohten Festung noch nach Schweden, um den weiteren 
Krieg zu organisieren, konnte aber der sächsischen Herr- 
schaft in Polen nicht mehr gefährlich werden; 1710 fiel 
er in den Laufgräben der von ihm belagerten dänischen 
Festung Frederikshald an der schwedisch-norwegischen Grenze. 
Wackerbarths treffliche Oberleitung der Belagerung und 
die rühmliche Tätigkeit der sächsischen Generäle zeichnete 
der König Friedrich Wilhelm I. von Preußen mit höchstem 
Lobe und mit Ehrengeschenken aus und die gesamte sächsische 
Armee erfreute sich seiner lebhaften Anerkennung und 
rühmenden Empfehlung an ihren Landesherrn. 
Gleichzeitig mit diesen trefflichen Leistungen am Ostsee- 
strande erfochten auch am fernen Oberlauf der Weichsel in 
Galizien sächsische Truppen einen schönen Erfolg: hier be-
	        
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