Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

mer auf seine Fahne gestellt hat und die namentlich in der 
Aufgabe gipfeln, den deutschen Boden seiner wichtigsten 
Aufgabe, seinem wichtigsten Zwecke, eine Grundlage für 
Wohnung und Arbeit der deutschen Bürger zu sein, in immer 
weiterem Umfange zuzuführen und zu sichern, soweit wie 
dies angängig ist und soweit es sich als erforderlich erweist, 
erforderlich auch in dem Sinne, als es sich darum handelt, 
gewisse Schäden in unserem Wohnungswesen zu verbessern, 
die darin bestehen, daß zum Teil vielfach eine ungebührlich 
große Zahl von Menschen in engen, luft= und lichtleeren 
Näumen zusammengepfercht werden müssen, wo nicht nur 
Seuchen ihre Wohnstätte finden, sondern wo auch Unsitt- 
lichkeit und Laster gefördert werden. Diesen Wunsch will 
der Bund deutscher Bodenreformer in die Wahr- 
heit überführen, und insofern wir nun hier eine Anzahl 
unserer heimkehrenden Krieger in solchen besseren Wohn- 
sitzen ansiedeln, werden wir auch mit diesen Bestrebungen 
im Einklang stehen. 
Dabei möchte ich mir aber erlauben, noch auf einen be- 
sonderen Gedanken die Aufmerksamkeit hinzulenken, zu dem 
man bei Durchlesung des Gesetzentwurfs gebracht werden 
muß. In 9 2 Absatz 2 ist ja den Bezirksverbänden die Er- 
mächtigung gegeben, für Ansiedlungszwecke geeignetes Land 
zu erwerben und an die Ansiedler zu verkaufen oder Erb- 
baurecht daran zu bestellen. Insoweit das erstere geschehen 
soll, insoweit das Ansiedlungsland an die Ansiedler verkauft 
werden soll, kann allerdings bei der bestehenden Gesetz- 
gebung sehr leicht die Gefahr entstehen, daß die Wohltat, 
die man den Ansiedlern hat zuwenden wollen, in nicht gar 
langer Zeit vielleicht durch ihre eigene Schuld wieder ver- 
geblich gemacht wird und auch der Segen, der von den 
Kriegerheimstätten, wie wir hoffen, für unser ganzes Va- 
terland entstehen soll, dadurch vereitelt wird. Das wird 
nämlich dann geschehen, wenn die Angesiedelten das ihnen 
überwiesene Land freihändig weiterverkaufen, das Land da- 
durch wieder ein Gegenstand der Bodenspekulation wird 
und das Neugeschaffene wieder umgewandelt werden kann 
in dieselben unerfreulichen Wohnungsverhältnisse, die wir 
heute zu beklagen haben. 
Daß diese Gefahr in der Tat besteht, dafür zeugt die Ge- 
schichte. Es ist von jeher immer der Fall gewesen, daß Be- 
mühungen, bedürftige Volkskreise durch Ansiedlung auf 
eigenem Grund und Boden in eine bessere. und gesicherte 
Lage zu bringen, dadurch ihren Zweck verfehlt haben, daß 
dieser Ansiedlungsboden durch den Verkehr wieder aus den 
Händen derjenigen herausgekommen ist, für die er ursprüng- 
lich bestimmt war. So hat man die Erfahrung gemacht, 
daß Arbeiteransiedlungen, wie beispielsweise in Mühlhausen, 
vollständig ihren Zweck verfehlt haben; ja selbst in der preu- 
ßischen Provinz Ostpreußen ist bei der dort von der Land- 
gesellschaft betriebenen Ansiedlung von deutschen Bauern die- 
selbe traurige Erfahrung gemacht worden. Ich kann mich 
hier berufen auf eine Außerung, die der Direktor dieser An- 
siedlungsgesellschaft, Herr Freiherr von Gayl, in öffent- 
licher Versammlung getan hat, wo er mitteilte, daß von 
den angesetzten kleinbäuerlichen Ansiedlern in wenigen Jahren 
rund 15% ihren Grund und Boden mit Gewinn weiter- 
verkauft haben, und daß die Bemühungen der Landgesell- 
schaft, diesem Nachteil entgegenzutreten dadurch, daß man 
die durch ihre Vermittlung auf dem Grund und Boden 
bestellten Hypotheken gekündigt hat, fruchtlos geblieben 
sind, indem in wenigen Jahren 84000 Mark derartiger 
Hypotheken wirklich zurückgezahlt worden sind, was, wie 
Freiherr von Gayl sich ausdrückt, bedeutet, daß die Leute, 
denen gewissermaßen auf Kosten der gemeinnützigen Gesell- 
schaften Geschenke gemacht worden sind, diese Geschenke 
nach wenigen Jahren in bares Geld umgesetzt haben und 
fortgegangen sind. 
Daß diese traurigen Folgen bei uns eintreten mit den 
Sachsen in großer Zelt. Band III 
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Kriegerheimstätten, wird möglichst zu verhindern sein. Mittel 
dazu gibt es ja verschiedene. Das eine Mittel ist im Gesetz 
selbst angedeutet, es besteht darin, daß man das Siedlungs- 
land nicht in freies Eigentum weiter vergibt, sondern daran 
nur ein Erbbaurecht bestellt. (Sehr richtig!) Es kann 
aber auch in der anderen Weise erfolgen, wie z. B. die Stadt 
Ulm mit den großen städtischen Gebieten, die sie zu Woh- 
nungszwecken an Ulmer Bürger verkauft hat, regelmäßig 
macht, daß man sich nämlich ein Rückkaufsrecht vorbehält 
für gewisse Fälle oder es kann drittens auch in der Weise 
erfolgen, daß man das Land an die Ansiedler nicht gegen 
eine bare Kaufsumme, sondern gegen eine fest einzutragende 
Nente vergibt. Ich möchte nun die Königliche Staatsregie- 
rung ersuchen, darauf hinzuwirken, daß ihre Organe, die 
sie hier auf Grund dieses uns jetzt vorliegenden Gesetz- 
entwurfs mit der Ausführung des Kriegerbeimstätten- 
gedankens in Sachsen beauftragt, in dieser Weise Sorge 
tragen, daß eine derartige nachteilige Folge nicht eintreten 
bann, daß also hier dieser Gefahr auf die eine oder andere 
Weise vorgebeugt wird. Geschieht dies, dann bin ich der 
festen Zuversicht, daß auch in unserem engeren Vaterlande 
die Ansiedlung von heimkehrenden Kriegern eine große 
Wohltat sein wird, nicht nur für die Angesiedelten selbst, 
sondern für unser ganzes Vaterland, indem sich dadurch 
eine gesündere und bessere Wohnungspolitik bei uns ver- 
breiten wird.“ 
Der Entwurf fand in der Ersten Kammer einstimmige 
Annahme. 
4. Aus den Ausführungen des Bericht- 
erstatters Dr. Mangler in der Zweiten Kammer am 
6. April 1916 in der 48. Sitzung (Ligs. Mitt. d. 2. Kammer 
S. 1477—78): 
„Der Entwurf führt zwei Stellen ein, nämlich eine 
juristische und technische Zentralstelle, die die Aufgabe hat, 
die für die Ansiedlung in Frage kommenden Grundstücke, 
nachdem sie auf ihre Eignung nach Lage, Bodenbeschaffen- 
heit und Abgrenzung geprüft worden sind, den Ansiedlungs- 
werbern nachzuweisen und ihnen zu sichern, auch die Ab- 
trennung und grundbücherliche Vereinigung der Grundstücke 
herbeizuführen. Diese Stelle ist die Generalkommission für 
Ablösung und Gemeinheitsteilungen, d. h. die Kreishaupt- 
mannschaft Dreeden, der ein beratender Ausschuß zur Seite 
gesetzt wird, und zwar wird dieser beratende Ausschuß be- 
rufen, nachdem der Landeskulturrat und der Landeorat der 
Stiftung Heimatdank gehört worden ist. 
g#dese Zusammensetzung des Ausschusses hat ihren guten 
rund. 
Die Stiftung Heimatdank ist bekanntlich die Stelle, die 
sich in Sachsen der besonderen Aufgabe, für Ansiedlung zu 
sorgen, widmet. In Sachsen bommt nicht wie in Preußen 
und anderen Staaten eine Siedlung in der Weise in Be- 
tracht, daß etwa große Güter aufgeteilt werden sollen, viel- 
mehr kommt hier nur eine sogenannte Kleinsiedlung in Be- 
tracht, die sich über das ganze Land erstrecken soll, und zwar 
ist in der Begründung ausgeführt, es handle sich nicht etwa 
darum, Invalidenkolonien zu schaffen, Kriegsbeschädigte in 
größerer Zahl dicht beieinander anzusiedeln, sondern es 
komme darauf an, über Städte und Dörfer zerstreut länd- 
liche Handwerker= und Arbeiterstellen zu schaffen mit einem 
Stück Nutzland, das gerade groß genug ist, den eigenen 
Bedarf des Besitzers und seiner Familie an Gemüse und 
Kartoffeln zu decken und etwas Kleinvieh darauf zu halten. 
Daß neben dem Landegausschuß des Heimatdankes der 
Landeskulturrat einen Einfluß auf die Zusammensetzung des 
Ausschusses haben soll, hat seinen Grund in der Erwägung, 
daß die Erfahrungen des Landeskulturrates bei dem Sied- 
lungogeschäfte nutzbar gemacht werden sol len, denn wenn 
auch die Ansiedlungen nicht immer rein landwirtschaftlicher 
Natur sind, so ist es doch zweckmäßig, den berechtigten Wün- 
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