Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

wähnt, daß mit Eintritt der Demobilisierung das Kultus- 
ministerium an einigen höheren Schulen des Landes Lehr- 
gänge für die aus dem Felde zurückkehrenden Kriegs- 
primaner eingerichtet hat, um denselben die für das spätere 
Studium nötige Ablegung der Abiturientenprüfung zu er- 
möglichen. Jedenfalls hat sich der Sächsische Philo-- 
logenverein um die Ausbildung unserer Kriegsprimaner, 
besonders der Kriegsbeschädigten unter ihnen, große Ver- 
dienste erworben. 
Auch über die Ausbildung von Kriegsblinden ist das 
Nötige schon bei der Schilderung des Gesundheitswesens 
im Weltkriege mitgeteilt worden. Erwähnt sei aber im 
Anschluß hieran noch die Ausbildung von Hunden 
zur Führung von Kriegsblinden, wie sie vom 
Deutschen Verein für Sanitätshunde mit großem 
Erfolg in die Wege geleitet worden 
ist. Die Kriegsblinden werden von 
der Stiftung Heimatdank während 
des etwa vier Wochen dauernden 
Lehrganges untergebracht und ver- 
pflegt, während der vorgenannte Ver- 
ein die Hunde durch besonders ge- 
eignete Beamte der Kriminalpolizei 
abrichten läßt und dieselben den 
Kriegsblinden dann zum Eigentum 
überläßt. Die Kriegsblinden erhalten 
so einen Führer, der ihnen zugleich 
ein Schutz ist. Unser Bild zeigt 
die Tätigkeit eines solchen Blinden- 
hundes, der den von ihm geführten 
Kriegsblinden durch Sitzenbleiben 
vor einem vorbeifahrenden Radfahrer 
warnt. 
Jede Ausbildung und Umschulung 
der Kriegöbeschädigten ist aber nicht 
Selbstzweck, sondern hat das End- 
ziel, den Kriegsbeschädigten in eine 
für ihn geeignete Stelle unterzu- 
bringen. Und so stellt die Arbeits- 
vermittlung ein weiteres großes 
Feld der sozialen Kriegsbeschädigten- 
fürsorge dar, und zwar das bei 
weitem Wichtigste. Im Verlaufe 
des Krieges änderten sich die Verhältnisse andauernd. Durch 
den zeitweiligen Arbeitermangel und die Einstellung der 
Arbeit auf die Kriegswirtschaft war es natürlich nicht 
schwer, unsere Kriegsinvaliden unterzubringen. Daß dies 
aber nicht so weitergehen konnte, erbannten einsichtige 
Männer schon längst. Schon im Februar 1916 erhob 
Sanitätsrat Dr. Schanz (Dresden) die Forderung für die 
Kriegsbeschädigten, besonders für die Armamputierten, be- 
sondere Stellen in industriellen Betrieben zu 
ermitteln, welche sie voll oder nahezu voll ausfüllen 
können. Diese Plätze dürfen dann nur mit solchen Kräften 
besetzt werden und müssen ihnen allein vorbehalten bleiben. 
Gerade in der Ermittelung von Arbeitsplätzen für Leute 
mit bestimmten körperlichen Schäden beruht der Haupt- 
schwerpunkt der gesamten Kriegsbeschädigtenfürsorge. Nicht 
die Gewährung von Geldmitteln, sondern die Unterbringung 
in solchen Arbeitsstellen, in dem sich der Kriegsbeschädigte 
wohl fühlt und die er ausfüllen kann, bedingen das wahre 
Glück des Invaliden auf die Dauer. Es gewährt ihm Be- 
friedigung zu sehen, daß er doch noch etwas leisten kann 
und gleich andern sich und die Seinen durch eigene Arbeit 
erhalten kann. Es ist ferner seitens der Stiftung Heimat- 
dank siets der Grundsatz betont worden, daß die Militär- 
rente auf das Arbeitseinkommen keinen Einfluß ausüben 
darf und daß jeder Kriegsbeschädigte voll nach seiner Lei- 
stung zu bezahlen ist. Die Anregung von Dr. Schanz 
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wurde dann von der Abteilung für Kriegsbeschä— 
digtenfürsorge des Dresdner Heimatdankes wei- 
ter ausgebaut und vervollständigt, insbesondere durch die tätige 
Mitarbeit des Gewerbeamtmann Neumann (Dresden), 
so daß nach mühevollen Vorarbeiten die Stiftung Heimat- 
dank in der Lage war, die Gründung von Bezirks= und 
Kreisinvalidenstellen im Anschluß an die Heimat- 
dankvereine in die Wege zu leiten, denen nun nach Rück- 
kehr der Truppen aus dem Felde trotz des Darnieder= 
liegens der Industrie die Sicherung von Arbeitsplätzen in 
den Betrieben für die Kriegsbeschädigten obliegt. Inzwischen 
ist auch für die Industriebetriebe der gesetzliche Ein- 
stellungszwang der Kriegsbeschädigten verfügt 
worden, ein Umstand, der die Bestrebungen der Bezirks- 
invalidenstellen wesentlich erleichtert. Es ist als zweckmäßig 
  
Einarmige an einer Kopiermaschine arbeitend 
erkannt worden, sich bei dieser Fürsorgearbeit der Mit- 
wirkung der Kriegsbeschädigten, sei es als Fürsorger, sei 
es als Berufsberater, zu versichern. Es ist daher zu hoffen, 
daß Sachsen bald mit einem Netz von Bezirkslnvaliden= 
stellen überspannt sein wird, welche beim hoffentlich bald 
einsetzenden industriellen Aufschwung ihre Aufgabe zu er- 
füllen imstande sein werden. 
Was soll nun aber mit den Kriegsbeschädigten werden, 
deren körperlicher Zustand ein Arbeiten in öffentlichen Be- 
trieben verbietet und die als sogenannte „halbe Kräfte“ an- 
zusehen sind? Auch diesen muß Gelegenheit gegeben wer- 
den, in der Arbeit, wenn auch in beschränktem Maße, Be- 
friedigung zu suchen. Für diese Erwerbsbeschränkten hat 
die Stiftung Heimatdank die Einrichtung von Betriebs= 
werkstätten geplant; eine solche Betriebswerkstätte für 
das ganze Land soll in Dresden, und zwar als Nach- 
folgerin der bisher von der Stiftung Heimatdank betriebenen 
Lehrwerkstätten beim Reservelazarett VII zu Dresden er- 
richtet werden. In dieser sollen erwerbsbeschränkte Kriegs- 
invaliden Beschäftigung gegen Bezahlung finden, und zwar 
je nach ihrem Befinden stundenweise oder für längere Zeit; 
es sind Werkstätten unter erfahrenen Meistern eingerichtet, 
welche auch Material zur Heimarbeit abgeben. Jedenfallo 
sollen diese Betriebswerkstätten ohne Rücksicht auf Renta- 
bilität arbeiten nur zu Nutz und Frommen unserer Kriegs- 
beschädigten. Ferner hat die Stiftung Heimatdank in Wein- 
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