nen Eingriffe vor allem in die Viehwirtschaft wirkten gleich-
falls hemmend. Auf der anderen Seite kam der Landwirt-
schaft zugute, daß sie während der ganzen Kriegszeit einen
glatten Absatz ihrer stark begehrten Erzeugnisse zu guten
Preisen hatte, so daß die landwirtschaftliche Bevölkerung in
ihrer Gesamtheit ihre wirtschaftliche Lage im Kriege zweifel-
los verbessert und nicht verschlechtert hat.
Geld= und Jahlungsverkehr
Ein die gesamte Volkswirtschaft in allen ihren Teilen
stützender Vorteil war es, daß sich der Geld= und Jahlungs-
Lerkehr ohne nennenswerte Erschütterungen vollzog. Es war
eine kluge und weitblickende Maßnahme, daß man von Ein-
führung eines sogenannten Moratoriums bei uns absah.
Das dies im Gegensatz zum feindlichen Ausland überhaupt
möglich war, zeugte am besten von der gesunden Finanz-
lage der deutschen Volkswirtschaft. Wohl blieben auch in
Sachsen finanzielle Zusammenbrüche nicht aus, aber in der
Hauptsache handelte es sich dabei um Unternehmungen, die
schon im Frieden morsch gewesen waren. Im übrigen
wurden auf dem Wege der Gesetzgebung umfassende Vor-
kehrungen getroffen, um vorübergehenden Jahlungsschwierig-
beiten gegenüber von Fall zu Fall jede Härte auszuschalten.
Daneben fehlte es auch an positiver Hilfe nicht. Die ge-
nossenschaftlichen Organisationen, die Banken und sonstigen
Kredit= und Geldverkehrseinrichtungen erwiesen sich auf
voller Höhe. Ihre Tätigkeit fand in Sachsen eine wert-
volle Ergänzung eigener Schöpfung.
Zur Befriedigung des durch den Krieg hervorgerufenen
besonderen Kreditbedürfnisses wurde in Sachsen neben den
vom Reiche getroffenen Maßnahmen unter Berücksichtigung
der Eigenart der sächsischen Verhältnisse die Kriegskredit-
bank für das Königreich Sachsen am §. September 1914
gegründet; sie eröffnete ihre Tätigkeit am 14. September
1914. Das Unternehmen ist eine unter Beteiligung des
Staates und der Städte gegründete Aktiengesellschaft mit
zehn Millionen Mark Kapital und dem Sitz in Dreêden.
Die sächsischen Handels= und Gewerbekammern übernahmen
auf Anregung des Königlichen Ministeriums des Innern
für rund 8½ Millionen Mark anteilig die Bürgschaft gegen-
über der Reichsbank zugunsten des von dieser zugesagten
Diskontkredites. Die Aufgabe der unter staatlicher Auf-
sicht arbeitenden Bank bildete die Befriedigung des in Sach-
sen infolge des Krieges in Handel, Indusirie und Gewerbe
hervortretenden besonderen Kreditbedürfnisses, soweit es
nicht durch die reichsgesetzlichen Darlehnskassen oder ander-
weit gedeckt werden konnte. Die Handhabung der Ge-
schäfte war in sehr glücklicher Weise dadurch dezentralisiert,
daß 25 örtliche Kreditausschüsse gebildet wurden, deren
Sitze sich in Annaberg, Aue, Bautzen, Borna, Chemnitz,
Döbeln, Dresden, Falkenstein, Freiberg, Glauchau, Hohen-
stein-Ernstthal, Kamenz, Löbau, Markneukirchen, Meißen,
Neugersdorf, Olbernhau, Pirna, Plauen, Reichenbach, Riesa,
Waldheim, Wurzen, Jittau und JZwickau befanden. Diesen
Ausschüssen mit ihrer örtlichen Kenntnis der Personen und
Verhältnisse lag die Prüfung und innerhalb bestimmter
Grenzen auch die selbständige Erledigung der Kreditanträge
ob. Unabhängig von dieser Bank war in Leipzig die Leip-
ziger Kriegskreditbank ins Leben getreten, jedoch trat diese
unter dem 12. Dezember 1914 zu der Kriegskreditbank für
das Königreich Sachsen dergestalt in ein näheres Verhältnis,
daß sie für den Handelskammerbezirk Leipzig gleichzeitig
die Geschäfte der anderen Anstalt mit wahrnahm. Die
Kreditansprüche, die in den Kriegsjahren an die Kriegs-
kreditbank herangetreten sind, haben sich in Grenzen ge-
balten, welche die Leistungsfähigkeit des Unternehmens
keinesfalls voll erschöpften. Immerhin belief sich bis zum
Jahre 1918 die JZahl der bewilligten Kredite auf 2562 in
einer Gesamthöhe von mehr als 13 Millionen Mark. Die
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Tatsache, daß in der gleichen Zeit auf die gewährten Kre-
dite mehr als 3½ Millionen Mark Rückzahlungen geleistet
wurden, zeigt allein schon, daß das gedeihliche Fortbestehen
zahlreicher Unternehmungen durch diese Kreditgewährung
gesichert worden ist. Im Hinblick auf die veränderten Ver-
hältnisse beschloß die Bank Anfang 1919 ihre Liquidation.
Daß während des Krieges die Kreditbank nicht übermäßig
stark in Anspruch genommen wurde, ist ein Beweis mehr
für die auch sonst zutage tretende Erscheinung, daß das
finanzielle Rückgrat der sächsischen Volkswirtschaft gesund
geblieben war. An flüssigem Geld war kein Mangel. Die
im Jahre 1917 und später wiederholt auftretende Knapp-
heit an kleinen Jahlungsmitteln beweist nicht das Gegen-
teil; sie hat ihren hauptsächlichsten Grund in der ungerecht-
fertigten Zurückhaltung des Metallgeldes durch übervorsich-
tige Leute, die auch im Kriege das Bargeld lieber im Kopf-
kissen und in Strümpfen aufbewahrten, anstatt es im freien
Verkehr zu belassen. Die Ausgabe von Gutscheinen durch
Städte und Kommunalverbände half über diesen Mangel
in Sachsen hinweg. Einen deutlichen Gradmesser der all-
gemeinen Finanzkraft geben die Beteiligung bei den Kriegs-
anleihen und die Bewegung bei den Sparkassen. Die Be-
teiligung Sachsens an den Kriegsanleihen ging in die Mil-
liarden, eine Leistung, zu deren voller Würdigung der Hin-
weis gehört, daß sächsische Finanzkreise überdies in ganz
bedeutendem Umfange ihr tätiges Interesse auch den Kriegs-
anleihen des befreundeten österreichisch-ungarischen Nach-
barlandes zuwendeten. Die gesunde Finanzkraft der breiten
Masse der Bevölkerung ergibt sich am deutlichsten aus dem
Stand der sächsischen Sparkassen. Die Einzahlungen bei
den sächsischen Sparkassen betrugen im Jahre 1014 rund
432 Millionen Mark; sie stiegen im Jahre 1917 auf
*82½ Millionen Mark. In der gleichen Zeit stieg die
Summe der Einlegerguthaben von 2 Milliarden 30 Mil-
lionen Mark auf 2 Milliarden 189 Millionen Mark. Da
die Sparbassen nicht von der Hochfinanz, sondern in der
Hauptsache von den mit bescheidenen Ersparnissen arbeiten-
den Volkskreisen benutzt werden, ist diese Bewegung bei den
sächsischen Sparkassen ein untrüglicher Beweis dafür, daß
der Volkswohlstand der breiten Schichten, in seiner Ge-
samtheit gewürdigt, in Sachsen im Kriege nicht abgenommen
hat. Die Zunahme ihrer Bestände setzten die sächsischen
Sparkassen auch ihrerseits in die Lage, die für eigene Rech-
nung geschehene Beteiligung bei den Kriegsanleihen ständig
zu steigern, so daß bei den Kriegsanleihen eine eigene Ge-
samtbeteiligung der sächsischen Sparkassen von über 300
Millionen Mark zu verzeichnen ist.
Notstandshilfe
Ist die Zunahme der Sparkassenguthaben in Sachsen
auch eine überaus erfreuliche Erscheinung, so darf doch
eine objektive Würdigung der Verhältnisse nicht an der
Tatsache vorübergehen, daß in manchen Gegenden der Krieg
die Einzelwirtschaften zuweilen vor schwere Not stellte. Das
war überall dort der Fall, wo es nicht sofort restlos gelang,
die in industriellen Betrieben frei gewordenen Arbeitskräfte
in anderer, auskömmlichen Erwerb sichernden Beschäftigung
unterzubringen. Eine weitausgedehnte soziale Fürsorge des
Staates und der Gemeinde fand bei der Bekämpfung dieser
Notstände eine überaus wertvolle Unterstützung durch vor-
handene oder neuentstehende private Organisationen zur Be-
schaffung von Arbeits= und Erwerbemöglichkeiten. Ins-
besondere galt es, der sächsischen Heimarbeit, die sich im
Erzgebirge, im Vogtland und in der Lausitz teilweise der
Beschäftigungslosigkeit ausgesetzt sah, und den Frauen der
iim Felde stehenden Krieger, denen die Verhältnisse der Fa-
milie eine Beschäftigung außerbalb des Hauses unmöglich
machten, Arbeit zu verschaffen. In der Hauptsache ist dies
überall und bald gelungen. Besonders segensreich hat in
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