Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

Preußens Verhältniß zu Deutschland. 23 
und Größe Preußens gehabt hätte. Nicht anders stand es 
gegen das Ende seiner Regierung, als er gegenüber den 
drohenden Übergriffen Kaiser Joseph's II. die Mehrzahl der 
größern deutschen Fürsten in einem festen Bundesvertrage 
um sich sammelte. Nicht eine nationale Umformung, sondern 
ausgesprochener Maaßen die Erhaltung der elenden Reichsver- 
fassung war dabei sein Zweck. Denn jede Stärkung derselben 
wäre zugleich eine Stärkung des Kaiserthums und damit ein 
Hinderniß für Preußens freie Bewegung und die Bildung 
einer zuverlässigen preußischen Partei gegenüber der öster- 
reichischen Clientel gewesen. 
Sein unsterbliches Verdienst um Deutschland bestand 
darin, daß seine mächtige Persönlichkeit den patriotischen Stolz 
in vielen tausend Herzen anregte, daß er den so lange schutz- 
losen deutschen Norden mit Wehr und Waffen versah, daß 
seine durchaus im Sinne des Vaters fortgeführte Verwaltung 
Muster und Antrieb für eine große Anzahl deutscher Landes- 
herren wurde, und sie anstatt der frühern an so vielen Fürsten- 
höfen herrschenden Sittenlosigkeit mit redlichem Pflichteifer 
für das Wohl der ihnen anvertrauten Bevölkerung erfüllte. 
So wurde die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts für das 
außerösterreichische Deutschland eine Zeit des kräftigen Empor- 
strebens und fröhlichen Vorankommens. Zum zweiten Male 
in unserer Geschichte entstand eine große Litteratur, welche in 
Poesie und Wissenschaft für die Bildung unseres Volkes und 
dessen Stellung in Europa ein neues Zeitalter eröffnete. 
Nach langer Nichtigkeit und Erbärmlichkeit fand sich Deutsch- 
land wieder in der Lage, mit berechtigtem Selbstgefühl den 
übrigen Culturvölkern an die Seite zu treten. Welche andere 
Nation hatte einen Friedrich aufzuweisen? welche andere über-
	        
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