Full text: Der belehrende bayerische Sekretär.

275 
für die Zinsen, und umgekehrt kann dem Bürgen für die Zinsen 
keine Haftung für das Kapital aufgebürdet werden, indem die 
Bürgschaft strenge auszulegen ist. Der Bürge kann sich nicht 
einseitig von der Bürgschaft lossagen, selbst dann nicht, wenn 
er dem Gläubiger eine andere Sicherheit durch Bürgen oder 
Pfand bestellen wollte. Andererseits stehen dem Bürgen mehrere 
Rechtswohlthaten*) zur Seite, nämlich: 
1) Das beneticium exeussionis oder ordinis (der Aus- 
klagung oder Ordnung), das darin besteht, daß der Gläubiger 
zuvörderst den Hauptschuldner ausklagen und belangen muß, 
und daß der Bürge nur dann haftet, wenn die Befriedigung 
gar nicht oder nicht völlig aus dem Vermögen des Haupt- 
schuldners erlangt werden kann. Der Bürge kann sich jedoch 
dieser Wohlthat begeben; auch fällt sie weg, wenn der Haupt- 
schuldner offenbar nicht bezahlen kann, oder sein Wohnsitz 
unbekannt ist. Wenn der Bürge auf dieses Recht der Aus- 
klagung nicht verzichten will, so darf im Bürgschaftsvertrag nicht 
der Ausdruck vorkommen, „Bürge haftet als Selbstzahler“, da 
nach allgemeinem Sprach= und Rechtsgebrauch hierin ein solcher 
Verzicht liegt. 
2) Das beneficium divisionis, welches darin besteht, 
daß, wenn zwei oder mehrere Personen in solidum dem Gläu- 
biger bürgten, jeder dieser Mitbürgen in so lange blos für 
seinen Theil ausgeklagt werden kann, als von den übrigen 
Mitbürgen noch etwas zu erholen ist. Hat ein Bürge die 
Schuld ganz entrichtet, so fällt begreiflicherweise die Haftung 
der Mitbürgen weg. — Wenn der Bürge in seiner Ver- 
schreibung ausdrücklich bedingt, daß er nicht höher für die 
Schuld haften will, als sein Theil beträgt, so braucht er, auch 
wenn seine Mitbürgen zahlungsunfähig werden, nicht mehr als 
seinen Theil zu zahlen. 
3) Die Rechtswohlthat der abzutretenden Klagen (bene- 
lcium cedendarum actionum), vermöge deren der Bürge, 
wenn er sich auch des beneficium excussionis begeben hat, 
nicht eher schuldig ist, zu bezahlen, als bis ihm der Gläubiger 
sein Klagerecht wider den Schuldner und Mitbürgen (auch sein 
Faustpfand, wenn er ein solches hat) abgetreten. Hat der Bürge 
dieser Rechtswohlthat entsagt, so ist der Gläubiger dennoch ver- 
bunden, aber erst nach erfolgter Bezahlung, sein Klagerecht 
gegen die Mitbürgen und den Schuldner abzutreten. 
*) Art. 281 des Handelsgesetzbuches hat in Handelssachen diese Rechts- 
wohlthaten aufgehoben. 18*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.