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für mich zu thun. Ihre väterliche Liebe wird es ihr auf die
schonendste, wenigst angreifende Weise beizubringen wissen, daß
ein vom Geschicke Verfolgter es nicht wagen kann, ferner auf
ihre Liebe Anspruch zu machen. Von dem Kampf, den ich
mit mir gekämpft, schweige ich; der einzige Trost in meinem
rasenden Schmerze wird es sein, meine geliebte Emilie glücklich
zu wissen. Was ich beginnen werde, weiß ich selbst noch nicht;
wahrscheinlich gehe ich nach Amerika, um zu sehen, ob ich dort
meinem Mißgeschick entfliehen kann; wohin ich aber auch mich
wende, meiner Emilie Bild wird stets vor meiner Seele stehen,
mich überall begleiten. Verzeihen Sie mir das schwere Leid,
welches ich über Sie und Ihre Familie bringe; aber hätte ich
ahnen können, daß mich das Unglück so verfolge, nimmer
würde ich es gewagt haben, mich Ihrer Familie so zu nähern.
Die Beweise Ihrer Liebe und Güte werden in meinem Ge-
dächtnisse nie erlöschen; stets werde ich mit der innigsten Ver-
ehrung sein
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ergebenster
N.
164.
Anzeige über einen bevorstehenden Bankerott.
Herr
Soeben habe ich aus ganz zuverlässiger Quelle erfahren,
daß das hiesige Handlungshaus G. u. Comp. im Begriffe ist,
seine Zahlungen einzustellen, und daß die Bilance sich höchst
nachtheilig gestalten wird. Der Fall dieses Hauses zieht unver-
meidlich das Falliment des Hauses C. und Söhne in L. nach
sich, und da ich weiß, daß Sie mit diesem seit einiger Zeit sehr
bedeutende Geschäfte machen, so halte ich es für Freundespflicht,
Sie von dem gefahrdrohenden Stande der Dinge auf der Stelle
in Kenntniß zu setzen. Sollte ich in dieser Angelegenheit hier
für Sie etwas thun können, so bin ich hiezu bereit und erwarte
Ihre Weisungen. Auf Ihre Verschwiegenheit rechnet
Ihr
ergebener Freund
N. N.
Der bayer. Sekretär. 30