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184.
An eine Schwester über den Verlust ihrer Tochter.
Liebe Schwester!
So ist nun unsere liebe Anna nicht mehr! So hat das
gute Kind schon in so zartem Alter sein hoffnungsvolles Leben
dahin geben müssen! O liebe, gute Schwester, ich fühle Deinen
Schmerz! Doch überlaß Dich nicht allzusehr dem Grame, ver-
traue auf die Führungen Gottes, ohne dessen Willen nichts ge-
schieht. Was einst Deine Stütze werden sollte, ist jetzt Dein
Fürbitter, ist ein Engel im Himmel! Dort wirst Du ihn einstens
mit allen Deinen Lieben wiedersehen. Dieser Gedanke muß Dich
trösten, Dich erheben über diesen Schlag des Schicksals. Du
warst immer so stark, so voll Glauben, so voll Vertrauen auf
Gott; vertraue auch jetzt Ihm und vergiß nicht, daß, was Er
thut, wohlgethan ist. Ich hoffe bald aus einem Briefe von
Dir die Gewißheit zu schöpfen, daß Du getröstet bist, und sehe
diesem Briefe mit Sehnsucht entgegen. Ich bin wie immer
Deine
Dich liebende Schwester
185.
An einen Freund, dessen Vater ein Unglück (durch Vermögensverlust)
betroffen hat.
Lieber, theurer Freund!
Wie ich höre, hat Dein Herr Vater bei den letzten un-
ruhigen Ereignissen in Spanien einen bedeutenden Vermögens-
verlust erlitten, der höchst nachtheilig auf seine übrigen häus-
lichen Angelegenheiten einwirken soll. Ich kann mir leicht denken,
wie unangenehm dieses Unglück auch Dich berühren mußte.
Aber, lieber Freund, Reichthum ist der Güter höchstes nicht,
dies lehrt eben seine Vergänglichkeit am Besten. So sehr ich
diesen Verlust bedaure, so habe ich doch den Trost, Dich von
solcher Geistesstärke zu wissen, daß Du Dich nicht zu sehr,
wenigstens nicht zum Nachtheil Deiner Gesundheit darüber
grämen wirst. Auch läßt die Erfahrung und Umsicht Deines
Herrn Vaters sowie seine anerkannte Rechtschaffenheit hoffen,
daß dieser Nachtheil mit der Zeit sich wieder ausgleiche und
daß Euer guter Ruf auf keine Weise gefährdet werde. Uebri-
gens danke Gott, daß er Dir Talente und die Möglichkeit
einer solchen Ausbildung derselben gegeben hat, daß Du Dir