Full text: Der belehrende bayerische Sekretär.

499 
Lehre) Ihren Sohn übergaben, nicht zu täuschen und Sie mit 
einem Briefe zu belästigen, dessen Inhalt Ihnen so wenig an— 
genehm sein wird, als mir. Ihr Sohn, welchem ich in der 
ersten Zeit, wie ich Ihnen auch schrieb, meine Zufriedenheit im 
vollsten Maße bezeugen mußte, ist hiedurch etwas übermüthig 
geworden und glaubt, die Kenntnisse, welche er sich seit jener 
kurzu Zeit erworben hat, seien schon hinlänglich, um ihn in 
der Welt sein Fortkommen finden zu lassen. Daß er sich gewal- 
tig täuscht, unterliegt keinem Zweifel. Ich hielt für hanhwen 
dig, Ihnen dieses mitzutheilen, damit die väterliche Ermahnung 
Ihren Sohn etwas demüthige, die frühere Bereitwilligkeit, den 
frühern Eifer wieder erwecke, da hievon sein Lebensglück ab- 
hängt. Indem es mir leid thut, Ihnen keine bessern Nach- 
richten mittheilen zu können, beharre ich hochachtungsvoll 
Ihr 
ergebenster 
N. 
226. 
Ein Freund gibt dem andern einen Berweis. 
Lieber N.! 
Da die Freundschaft in dem innigen Zusammenwirken 
zum Guten und in dem Streben nach wechselseitiger Vervoll— 
kommnung besteht, so halte ich es für meine Pflicht, Dir, lieber 
N., eine Strafpredigt zu halten. Ich vernahm, daß Du seit 
einiger Zeit mit einigen liederlichen iungen Leuten Freundschaft 
geschlossen und Dich zum Genossen Ihrer Trägheit gemacht hast. 
Ich muß Dich darauf aufmerksam machen, daß die Zeit und 
Gelegenheit, welche Du zur Begründung Deines Glückes nützen 
solltest, unwiederbringlich vorbeieilt, und daß Du Dich dem 
Elend in spätern Zeiten aussetzest, wenn Du sie nicht benutzen 
wirst. Bedenke, was Du thust, lenke von der falschen Bahn ab, 
die Du betreten hast; denn wenn Du auf ihr bleibst, so ist 
Dein Unglück nahe und an Deiner Rettung zu zweifeln. Joa, 
es wird eine Zeit kommen, wo Du Dich selbst hassen wirst; 
denn fährst Du so fort, so wirst Du einst im Alter, wenn Du 
darben mußt, wünschen: O daß ich noch einmal jung wäre, wie 
eifrig würde ich sein! Allein vergebens sind solche Wünsche. 
Kehre also zu Deinem frühern Fleiß und guten Lebenswandel 
zurück, und wenn Du die Annehmlichkeit desselben wieder er- 
kannt, die frühere Zufriedenheit in Deinem Innern wieder 
32*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.