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aber etwas hindert Dich; die bangen Ahnungen meines Herzens
wollen mir sagen, daß Dir etwas Unangenehmes zugestoßen.
Solltest Du krank sein? Eine unbeschreibliche Angst peinigt
meine Seele, es wogt in mir wie Ebbe und Fluth; bald fühle
ich eine ungeheure Leere in meinem Innern, eine namenlose
Sehnsucht nach Dir, bald treibt es mich auf, mit Hoöllenqual
mich erfassend, mit unaussprechlichem Schmerz mich erfüllend,
weil ich ahne, daß Dir etwas Uebles widerfahren. Und in diesem
traurigen Zustand fehlen mir überdies noch die Thränen, die
des Herzens Qual lindern; der Thränenquell ist vertrocknet,
ich weiß nicht warum, und um so heftiger ist meine Qual, die
Beengung des Herzens. Ist es Dir möglich, so befreie bald
aus diesem peinigenden Zustand
Deine
Dich ewig liebende
Agathe.
351.
Antwort hierauf.
Geliebte Agathe!
Recht innigen, herzlichen Dank für Deinen lieben Brief !
Nicht die Reize des Residenzlebens waren es, die mich hinderten,
Dir zu schreiben; der Schmerz der Trennung von Dir, der
mehr und mehr wuchs, je weiter ich mich entfernte, das Heim-
weh, wie sie es hier nannten, warf mich auf's Krankenlager,
ich schwebte mehrere Tage zwischen Tod und Leben; jetzt ist es
mir besser, aber noch muß ich das Bett hüten, nur wenige
Zeilen vermag ich Dir zu schreiben. Ich sehne mich unaus-
sprechlich nach Dir, Dein lieber Brief gab mir Trost in meinem
Leiden; schreibe mir recht bald wieder und sei überzeugt, daß
ich ewig sein werde
Deine
Dich innigst liebende
Bertha.
352.
Erinnerung an frühere Freundschaft.
Mein lieber Ulysses!
Sieben und zwanzig lange Jahre, Jahre voll Sturm und
Ungemach, sind verflossen, seit ich Dich das Letztemal in meine