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Arme schloß. Wirst Du Dich des Freundes noch erinnern?
Wirst Du des treuen Ludwig noch gedenken? Ich zweifle nicht
daran; ich wenigstens habe Deiner immer gedacht, ich habe,
wurde auch unsere Korrespondenz bald, nur zu bald durch Deinen
Eintritt in französische Dienste unterbrochen, Deine Schritte ver-
folgt, soweit es mir möglich. Ich weiß daher, daß Du nach
der Julirevolution nach Nordamerika gegangen bist, daß Dich
das Glück dauernd begleitete, und jetzt habe ich erfahren, daß
Du, reich wie ein Crösus, an der Seite einer geliebten Gattin,
geliebter Kinder, zurückgekehrt bist zu den Bergen Deiner Hei-
math, daß Du die Burg Deiner Ahnen bezogen hast, ein freier
Mann, auf eigenem Grund und Boden, ein überglücklicher Gatte
und Vater.
Nach dem wilden Jahr 1848 trieb ich mich in der Welt
umher. Italien sah ich, Griechenland, Egypten, Ostindien, ich
ging mit nach Algier, kämpfte dann in Polen, ging von hier
nach England und Frankreich, focht wieder in Algier, wurde
von den Kabylen gefangen, als Sklave verkauft, wanderte als
Gehilfe eines maurischen Arztes, dann selbst Arzt, durch Tunis,
Tripolis, einen Theil der Wüste Sahara, durch Tafilet und
Marokko, und kam hier endlich durch des Kaisers Gunst zu
meiner Freiheit. Mit Schätzen beladen, kam ich in meine Hei-
math, die mir fremd geworden; doch habe ich einen Schatz, den
ich höher achte, als alle, auf die deutsche Erde mitgebracht, ein
Mädchen, das ich in Tanger kennen gelernt, eine arme Waeise,
Margquitta, eine geborne Spanierin, seit sechs Monden mein ge-
liebtes Weib. Gerne würde ich sogleich nach meiner jüngsten
Rückkehr nach Europa zu Dir geeilt sein, aber die Sehnsucht
nach der Heimath, nach einem friedlichen Heerd und dann
die Ordnung meiner Angelegenheiten hinderten mich. Wenn im
nächsten Monate der Schnee so weit von Euren Bergen gewichen
ist, daß man sie leichter besteigen kann, dann werde ich, voraus-
gesetzt, daß ich Dir nicht lästig bin und daß mich ein Brief von
Dir hierüber versichert, zu Dir eilen und Dir sagen, daß die
Zeit, die lange, lange Trennung, das vielfach bewegte Leben
des Mannes die Freundschaft nicht mindern konnte, die der
Jüngling mit allem Feuer, mit aller Begeisterung geschlossen.
Dein
aufrichtiger Freund
Ludwig.