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wahrhaft unväterlich, gewissenlos an Ihrem Sohne handeln,
wenn Sie ihn jetzt den Wissenschaften entführen wollten. Ich
bitte, ich beschwöre Sie bei Allem, was Ihnen heilig und theuer
ist, entziehen Sie so ausgezeichnete Talente, solche Genialität,
gepaart mit so vortrefflichem Herzen, mit solcher Liebenswürdig-
keit, der Wissenschaft nicht! Alle Lehrer Luitpolds sind in ihrem
Gutachten über ihn mit mir einverstanden, und solche Urtheile
müssen das Vaterherz mit Freude erfüllen, den Vorschlägen und
Wünschen treuer Freunde öffnen. Daß dieses mit meinem Wunsche
der Fall sei, hoffe ich, Lh Sie herzlichst und bin
Ihr
ergebenster
374.
Rath an einen Soldaten, fernere Dienste zu nehmen.
Lieber Freund!
Du willst den Dienst im Heere verlassen, so sagte mir einer
Deiner Kameraden. Thue es nicht! Du bist zu alt, um ein
Gewerbe zu erlernen, Du könntest dich also blos mit der Feder
durchzubringen suchen; denn zum Krämer, zum Landmann bist
Du eben so wenig geeignet, als für ein Gewerbe. Seit einigen
Jahren bist Du bereits Unteroffizier; der Sold desselben ist
jetzt derartig, daß Du im Falle einer Kapitulation Dir sicher-
lich jährlich etwas zurücklegen kannst; überdies werden jetzt
ediente Unteroffiziere bei Anstellung im Civildienst sehr berück-
schtigt. Du kannst daher bei Deiner guten Führung auf eine
solche mit ziemlicher Sicherheit rechnen, wenn Dir nicht mit der
Zeit noch Besseres blüht. Deinem Naturell sagt auch der Krieger-
stand mehr zu, als der bürgerliche; man kann mit Wahrheit
die Worte des Wallenstein'schen Reiters auf Dich anwenden:
Frei will ich leben und also auch sterben,
Will Niemand berauben, aber auch Niemand beerben,
Und auf das Gehudel da unter mir
Leichtweg schauen von meinem Thier.
Viel, viel besser Soldat als Schreiber. Der Schreiberstand ist
jetzt der schlimmste, ohne alle Aussicht, hoffnungslos. Folge
mir und bleibe Soldat.
Dein
treuer Freund
N. N.