Full text: Der belehrende bayerische Sekretär.

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fahren kann, bittet Sie, ihn mit Ihrer weithin bekannten Rechts- 
kenntniß und Menschenfreundlichkeit zu unterstützen. Meine Bitte 
geht dahin, mir in dieser Anklagesache als Vertheidiger zur 
Seite zu stehen. Zwar vermag ich nicht, Ihnen irgend ein 
Honorar zu bezahlen, da, wie Sie aus den Akten selbst ersehen 
werden, meine Vermögensverhältnisse die jämmerlichsten sind; 
und meine ganze Familie am Hungertuch nagt, allein die stete 
Dankbarkeit einer unglücklichen Familie, die ihre einzige Hoff- 
nung auf Sie gesetzt hat, und die Genugthuung, ein gutes Werk 
zu thun, wird bei Ihrem edlen Herzen Ihnen vielleicht hiefür 
Entschädigung gewähren. 
Ich bin so frei, morgen früh Sie mit der Anfrage zu 
belästigen, ob Sie meine Vertheidigung übernehmen wollen; 
Sie würden dadurch eine unendliche Wohlthat erzeigen 
Ihrem 
ewig dankbaren, unglücklchen 
N. N. 
XVII. Handelsbriefe. 
Die große Ausdehnung und Bedeutung, welche der Handel 
in unserer Zeit gewonnen hat, machen es uns zur Pflicht, auch 
für die Vorfälle des kaufmännischen Lebens Musterbriefe dem 
„Sekretär“ einzuverleiben, denen wir einige Bemerkungen über 
diese Briefgattung vorausschicken. 
Kaufmännische Briefe unterscheiden sich nicht blos durch 
ihren Inhalt von gewöhnlichen Briefen, sondern auch durch 
ihre Form. Der Kaufmann vermeidet in seiner geschäftlichen 
Korrespondenz jede Weitschweifigkeit und jeden Schwulst der 
Rede, insbesondere auch die vielen Titulaturen, mit welchen 
Andere ihre Briefe belasten; er geht ohne Umschweife auf seinen 
Gegenstand ein und behandelt ihn kurz und bündig — schon aus 
dem einfachen Grund der Zeitersparniß für den Schreiber so- 
wohl wie für den Empfänger; denn Zeit ist Geld, und alle 
Zeit, welche mit überflüssigem Schreiben oder Lesen verbraucht. 
wird, geht dem Geschäftsmann von dem Quantum Zeit ab, das 
er auf nutzbringende Arbeiten wenden kann. Mit dieser Kürze 
ist jedoch ein höflicher Ton nicht allein verträglich, sondern so- 
gar geboten. Der Empfänger eines Briefes läßt sich durch die 
Darstellungsweise desselben leicht für oder gegen den Schreiber 
einnehmen und richtet darnach sein Verhalten ein.
	        
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