Halgarien. (April 10.—Juni 18.) 899
Bulgariens zu den Großmächten sind gut, und die Regierung richtet ihr
Augenmerk darauf, sie freundschaftlich zu gestalten. Das Verhältnis zum
ottomanischen Reich entwickelt sich in freundschaftlicherer Richtung angesichts
der zahlreichen wirtschaftlichen Interessen, durch welche beide Reiche ver-
bunden sind. Die Beziehungen zu allen anderen Nachbarstaaten sind wieder-
hergestellt und es ist zu hoffen, daß sie sich infolge der gegenseitigen Be-
mühungen immer mehr bessern werden. Die Zukunft Bulgariens beruht
auf friedlicher Arbeit. Die Thronrede kündigt sodann an, daß sich die
Sobranje mit einer Reihe von Maßnahmen, welche auf die Sicherung der
wirtschaftlichen und finanziellen Lage abzielen, zu befassen haben werde.
Die Thronrede wird mit begeistertem Beifall ausgenommen.
10. April. (Sobranje.) Bei der Beratung eines zweimonatigen
Budgetprovisoriums äußert sich Finanzminister Tontschew über die
Finanzlage.
Z Er gibt das Budget für 1913 auf 223,1 Millionen Franken, die
im ersten Viertel des Jahres 1914 verausgabten Kredite auf 67 Millionen
Franken, das verlangte Budgetprovisorium auf 34 Millionen Franken an.
Die Konsolidierung der Staatsschulden werde durch eine auswärtige An-
leihe erfolgen, die die Regierung bald abzuschließen hoffe.
18. Mai. (Sobranje.) Beratung über die Vornahme einer
parlamentarischen Untersuchung der Vorgänge im letzten Balkankriege.
Bei diesem Anlaß setzt der frühere Ministerpräsident Danew den
Zweck des Balkanbundes auseinander. Der serbisch-bulgarische Vertrag habe
keine Spitze gegen Oesterreich-Ungarn gehabt. Die Klausel über das Zu-
sammenwirken der Heere in der Militärkonvention habe nur den Zweck ge-
habt, die Solidarität der Interessen Serbiens und Bulgariens zum Aus-
druck zu bringen. Niemand aber habe jemals die Möglichkeit eines Krieges
gegen eine der Großmächte ins Auge gefaßt. Danew läßt darauf die
kriegerischen Ereignisse nacheinander vorüberzichen und erwähnt seine Reise
nach Budapest, wo er die serbischen Ansprüche zu vertreten gesucht habe,
Serbien einen Zugang zum Adriatischen Meere zu verschaffen. Danew
hebt die Unzuverlässigkeit der serbischen Regierung hervor, die beinahe in
der Frage des russischen Schiedsspruches nachgegeben hätte. Ferner betont
er die Zweideutigkeit Griechenlauds, das niemals seine Haltung genau zu
erkennen gegeben habe. Hinsichtlich der Eröffnung der Feindseligkeiten
erklärt er, daß er weder direkt noch indirekt um den Angriffsbefehl gewußt
habe. Zum Schluß spricht er sich für eine umfangreiche Untersuchung aus.
24. Mai. (Sobranje.) Wahleinesaus 30 Abgeordneten bestehen-
den Ausschusses zwecks Untersuchung der Vorgänge im letzten Balkan=
kriege, insbesondere der Politik der Kabinette Geschow und Danew.
Anfang Juni. Griechenfeindliche Kundgebungen in Sofia und
Warna wegen der wachsenden Verfolgungen der Bulgaren in den
neugriechischen Gebieten. Ministerpräsident Radoslawow mißbilligt
am 3. Juni in der Sobranje diese Vorgänge.
18. Juni. Die Regierung läßt in halbamtlicher Form mit-
teilen, daß sie bei einem Konflikt zwischen der Türkei und Griechen-
land neutral bleiben werde.
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