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In Bayern wurde i. J. 1884 auf Grund des Gesetzes
vom 13. Febr. 1884“) eine Hagelversicherungsanstalt auf Gegen-
seitigkeit als Staatsanstalt errichtet (für die Pfalz trat das Ge-
setz erst mit dem 1. Januar 1885 in Wirksamkeit). Da die
Anstalt noch neu und ihre Einrichtung noch wenig bekannt ist,
so folgt hier eine gedrängte Schilderung ihrer Entwicklung im
ersten Jahr ihrer Thätigkeit (1884) nach einem Artikel der
„Allg. Z.“ und dem vom Vorstand der Brandversicherungskammer
beim ersten Zusammentritt des Anstaltsausschusses am 29. Jan.
1885 gehaltenen Vortrag.
„Im bagyerischen Hagelversicherungsgesetz beruht Alles auf
dem wohlwollenden Ermessen der für das staatlich geleitete Ver-
sicherungswesen besonders bestellten Obrigkeit, der bayerischen
Brandversicherungskammer. Es ist weder gerichtliches noch ad-
ministrativ richterliches Verfahren zugelassen. Die Anstaltsver-
waltung allein entscheidet über die Grade der Hagelempfindlich-
keit der einzelnen Fruchtgattungen, über die Ortshagelgefahr,
über die für die verschiedenen Fruchtgattungen in den einzelnen
Gemeinden oder Bezirken per Hektar zulässigen Versicherungs-
summen (Ertragsklassen) und endlich über das Flurmaximum
(zulässige Gesammtversicherungs-Summe einer Gemeindeflur).
Ueberversicherung hat die Anstaltsleitung vermieden, indem sie
für sämmtliche Gemeinden den Erntewerth der wirklich gebauten
Früchte erst durch sachkundige Vertrauensmänner, dann durch
die Bezirkskomites des landwirthschaftlichen Vereines und end-
lich durch die Gemeindebehörden selbst, bei Wein, Hopfen und
Tabak in fünf, bei allen übrigen Früchten in drei Ertragsklassen,
feststellen ließ. Diese mühevolle Arbeit hat sich reichlich gelohnt:
die freie Bestimmung des Versicherungsnehmers führt zur Ueber-
versicherung; diese nützt zwar im Augenblicke der Anstalt durch
erhöhte Beiträge (Prämien), sie schädigt aber für die Dauer
den Ruf derselben, weil der Schaden doch nur aus dem wirk-
lichen Ertrage berechnet wird. Zudem hat die Anstaltsverwaltung
durch das Verfahren mit den Ertrag klassen thatsächlich eine
wesentliche Vereinfachung in der Versicherungsnahme angestrebt
und erreicht. Der Antragsteller bezeichnet für jedes Grundstück
nicht eine bestimmte Ertragssumme, sondern nur eine Ertrags-
klasse; die weitere rechnerische Behandlung überläßt er der An-
*) Das Gesetz nebst den Versicherungsbedingungen ist enthalten in
Bd. 82 der Würzburger Volksausgabe (Verlag der Stahel'schen Univer-
sitäts = Buch= und Kunfthandlung).