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außerordentlicher Landtag hat dieselben Rechte
und Pflichten wie ein ordentlicher. Die Unter-
scheidung hat wenig Bedeutung mehr, seitdem
an die Stelle der dreijährigen Finanzperioden
(V.U. & 112), mit denen früher der ordentliche
Landtag zusammenfiel, zweijährige, mitunter
noch kürzere Finanzperioden getreten sind. Auch
wird in der Praxis trotz der von den Landständen
schon geltend gemachten Bedenken die Zerlegung
der Gesetzgebungsperioden in zwei gleichlange
Landtagsperioden nicht streng eingehalten, viel-
mehr dabei die jeweilige Geschäftslage berück-
sichtigt. Die ordentlichen Sitzungsperioden haben
praktische Bedeutung insbesondere insofern, als
nach 8 190 der V.U. die Wahl des ständischen
Ausschusses auf die Zeit von einem ordentlichen
Landtag zum andern (auf 3 Jahre) geschieht.
Die Entlassung der Stände, die im freien Er-
messen der Regierung steht, findet nach Her-
kommen im Zusammentritt beider Kammern
‘statt; sie kann nur stattfinden, wenn die Stände
versammelt sind. Mit der Entlassung der Stände
trıtt der ständische Ausschuß in Wirksamkeit;
vgl. hierüber $ 20.
III. Die Vertagung des Landtags, welche nach
S 186 der V.U. ein Recht des Königs ist, ist
etwas anderes als die Schließung (Entlassung);
sie ist eine vom König angeordnete Unterbrechung
der Sitzungen. Die Vertagung beendigt nicht,
wie die Schließung, die Sitzungsperiode, sondern
unterbricht sie nur. Durch die Vertagungen zer-
fällt die Sitzungsperiode in mehrere Abschnitte,
die man Tagungen nennt. Mit der Vertagung
durch den König ist ferner nicht zu verwechseln
die von den Kammern selbst vorgenommene Hin-
ausschiebung der Sitzungen, wodurch eine kurze
Unterbrechung der Verhandlungen herbeigeführt