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sich das Oberaufsichtsrecht und die Gesetzgebung
über das Eisenbahnwesen im Interesse der Landes-
verteidigung und des allgemeinen Verkehrs vor-
behalten. Auf Grund dieser Bestimmung ist das
Reich befugt, im Weg der Gesetzgebung das Eisen-
bahnwesen für das ganze Reich in allen Beziehun-
gen einheitlich zu regeln. Die Versuche, ein solches
Reichseisenbahngesetz zu erlassen, sind jedoch bis
jetzt vergeblich gewesen. Namentlich ist Bis-
marcks großer Gedanke, die deutschen Eisen-
bahnen in die Verwaltung des Reichs zu über-
nehmen, an partikularistischem Unverstand ge-
scheitert. Auch Württ. hat sich damals zu seinem
Schaden ablehnend verhalten; doch hat es das
Verdienst, eine tunlichste Einheit in der Verwal-
tung der deutschen Eisenbahnen in letzter Zeit
mit Nachdruck gefördert zu haben; freilich hat
es selbst daran das größte Interesse. Durch die
gesonderte Verwaltung wird sehr viel Geld unnütz
ausgegeben. Da die Übernahme aller deutscher
Bahnen in die Verwaltung des Reichs sicherlich
in absehbarer Zeit sich: nicht erreichen läßt, weil
Preußen seine Eisenbahnen, auf deren Einnahmen
der preußische Staatshaushalt vorzugsweise ge-
gründet ist, nicht aufgeben kann, so erstrebt man
jetzt irgendeine Form einheitlicher Finanzverwal-
tung (Betriebsmittelgemeinschaft u. dergl.). Der
gegenwärtige Rechtszustand ist folgender. Man
hatte die Schwierigkeit des Zustandebringens eines
Reichseisenbahngesetzes vorausgesehen und hat
deshalb in die Reichsverfassung eine Reihe von
Bestimmungen (VII. Kapitel, Art. 41—47) auf-
genommen, durch welche die Einzelstaaten ver-
pflichtet werden, ihre Eisenbahnhoheitsrechte in
bestimmter Weise auszuüben ; diese Bestimmungen
betreffen entweder die Verteidigung des Reichs
oder die Einheitlichkeit des Verkehrs. Für den