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einem Privaten überhaupt nicht entzogen werden
dürfen. Der $ 30 der V.U. bestimmt vielmehr:
„Niemand kann gezwungen werden, sein Eigen-
tum und andere Rechte für allgemeine Staats-
oder Korporationszwecke abzutreten, ehe über die
Notwendigkeit in dem gesetzlich bestimmten Ver-
fahren von der zuständigen Behörde entschieden
und volle Entschädigung geleistet worden ist.
Entsteht aber ein Streit über die Summe der
Entschädigung und will sich der Eigentümer bei
der Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht
beruhigen, so ist die Sache im ordentlichen Rechts-
wege zu erledigen, einstweilen aber die von jener
Stelle festgesetzte Summe ohne Verzug auszu-
bezahlen. Den politischen Gemeinden sind be-
züglich der Zulässigkeit der Zwangsenteignung
die Kirchengemeinden gleichgestellt.“ Die nähere
Regelung des Enteignungsverfahrens enthält das
Gesetz vom 20. Dezember 1888 (Reg.-Bl. S. 446),
jedoch mit Beschränkung auf die Enteignung von
Grundstücken und Rechten an solchen. Hiernach
ist die Zwangsenteignung nur zulässig im
Fall der Notwendigkeit derselben für ein öffent
liches oder privates Unternehmen im allgemeinen
Interesse des Staats oder einer Körperschaft und
gegen vorherige volle Entschädigung in einem
gesetzlich genau geregelten Verfahren. Die Zu-
lässigkeit der Enteignung wird durch Kgl. Ent-
schließung nach vorheriger Anhörung des Staats-
ministeriums festgestellt. Bei der Enteignung zur
Durchführung der Ortsbaupläne entscheidet über
die Zulässigkeit das Ministerium des Innern.
Polizeiliche Anordnungen haben gelegentlich
zur Folge, daß Private in ihren Vermögensver-
hältnissen geschädigt werden, insofern sie in Aus-
übung ihrer Privatrechte beschränkt werden. Für
derartige Eingriffe wird nur insoweit Entschädi-