Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

100 V. Abschn. Organ. d. monarch. Staaten. 1. Kap. Krone. 
troffen werden soll. Wenn hierüber nicht ein besonderes 
Gesetz ergangen ist, so liegt die Entscheidung entweder aus- 
schließlich in den Händen des Landtags (so z. B. in Preußen, 
Bayern, Hessen) oder es wird zur Anordnung der Regent- 
schaft ein übereinstimmender Beschluß der Agnaten und des 
Landtags (so z. B. in Sachsen, Württemberg, Oldenburg) 
oder der höchsten Staatsbehörde und des Landtags (so in 
Reuß älterer Linie) verlangt. 
III. Wer wird Regent? Regent wird derjenige voll- 
jährige, regierungsfähige Agnat, der beim Tod des regie- 
rungsunfähigen Fürsten auf den Thron käme (so z. B. 
Preußen, Sachsen, Württemberg, Hessen). Die Volljährig- 
keit dieses Agnaten wird nach den Regeln für die Voll- 
jährigkeit des Monarchen gerechnet. Die Verfassungen einiger 
kleinerer Staaten berufen indessen nicht den nächsten Agna- 
ten, sondern die Mutter und Großmutter des verhinderten 
Monarchen, sofern dieselben sich nicht anderweit vermählt 
haben, oder auch die Gemahlin desselben. Die bayerische 
Verfassung bestimmt, daß der nächste Agnat nur dann ein- 
tritt, wenn nicht der Regierungsvorgänger eine andere Fest- 
setzung getroffen hat. 
IV. Wesen der Regentschaft. Rechte des Regen- 
ten. Die Regentschaft ist keine privatrechtliche Vormund- 
schaft, sondern die Ausübung der monarchischen Befugnisse 
im Namen des Fürsten. Der Regent hat alle Regierungs- 
rechte des verhinderten Monarchen, soweit die Verfassung 
nicht Ausnahmen festsetzt. So dürfen in Bayern während 
der Regentschaft die erledigten Amter mit Ausnahme der 
Gerichtsstellen nur vorläufig besetzt werden; in Württemberg 
gelten unter anderem Verfassungsänderungen nur für die 
Dauer der Regentschaft. Die bayerische und die sächsische 
Verfassung ordnen für wichtige Angelegenheiten die Zu- 
ziehung des Regentschaftsrats an. In Preußen dagegen ist 
der Regent keinerlei Beschränkungen unterworfen.
	        
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