1. Abschnitt.
Begriffe und Quellen des Staatsrechts.
8 1. Das Recht und leine Zweige.
I. Das Recht. Das Leben der Menschen unterein—
ander wird teils durch die Sitte, teils durch die Moral und
Religion, teils endlich durch das Recht bestimmt. Das
Recht ist Gewohnheitsrecht, wenn es sich in lang-
jähriger Übung als die rechtliche Meinung und üÜberzeu-
gung der Gesamtheit äußert; es ist Gesetzesrecht,
wenn es durch die Staatsgewalt als maßgebende Ordnung
des Gemeinschaftslebens aufgestellt wird. Eine Bildung von
Gewohnheitsrecht ist heute nur noch in sehr beschränktem
Maße möglich. Dem Rechte wesentlich ist die Erzwingbarkeit
seiner Vorschriften durch einen höheren Willen.
II. Effentliches Recht und Hrivatrecht. Der
Bürger steht nun in zweierlei Arten von rechtlichen Be-
ziehungen. Einmal gegenüber der Gesamtheit, dem Staat
oder sonstigen öffentlichen Körperschaften (namentlich Ge-
meinden), sodann gegenüber den einzelnen Mitbürgern. Dem
Staate gegenüber hat er Rechte und Pflichten, er ist ihm
gegenüber namentlich zum Gehorsam verpflichtet. Zu seinen
Mitbürgern steht er in mancherlei rechtlichen Beziehungen,
in Vertragsverhältnissen u. dgl. Diese zweierlei Arten von
Rechtsbeziehungen führen zu einer Scheidung des Rechts