Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

112 V. Abschn. Organ. d. monarch. Staaten. 2. Kap. Landtag. 
fassungsvorschriften derartige Meinungsverschiedenheiten auf 
verschiedene Weise zum Austrag zu bringen. 
Das Herzogtum Sachsen= Koburg-Gotha und das 
Fürstentum Waldeck bestehen je aus 2 mehr oder weniger 
selbständigen Teilen; das erstere aus den Herzogtümern 
Sachsen-Koburg und Sachsen-Gotha, das letztere aus den 
Fürstentümern Waldeck und Pyrmont. Jeder dieser Teile 
hat seinen besonderen Landtag (Speziallandtag); aber es 
besteht daneben ein gemeinsamer Landtag für das Gesamt- 
land. 
In Württemberg und einigen kleineren deutschen Staa- 
ten besteht ein ständischer Ausschuß für die Zeit, wo 
der Landtag nicht versammelt ist; er hat während dieser Zeit 
insbesondere die Rechte des Landtags zu wahren. 
9 30. Die Bildung der I. Kammer. 
I. Allgemeine Grunssätze. Die 1. Kammer ist in 
den deutschen Einzelstaaten eine Nachbildung des eng- 
lischen Oberhauses (in England besteht das Parlament aus 
Oberhaus oder Haus der Lords und aus Unterhaus oder 
Haus der Gemeinen) in der Deutung, die dasselbe in den 
französischen Verfassungen (Charten) von 1814 und 1830 
erhalten hat. Demgemäß haben in der 1. Kammer Sitz 
und Stimmrecht erhalten: 
1. die Häupter der ehemals reichsständischen Geschlech- 
ter (s. § 10); 
2. Mitglieder des ehemals reichsunmittelbaren Adels 
oder überhaupt des angesessenen Adels oder des ritter- 
schaftlichen Grundbesitzes; 
3. die Agnaten des Regentenhauses; 
4. die Träger hoher kirchlicher oder staatlicher Ämter; 
5. die Vertreter städtischer, kirchlicher und akademischer 
Körperschaften;
	        
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