§ 31. Bildung der II. Kammer. 119
Berufen und Interessen gegliedertes Ganzes; die geltenden
Wahlgesetze dagegen verwirklichen eine Repräsentation der
Bevölkerung nach der Volkszahl (sog. numerische oder
mathematische Repräsentation), indem sie das Land
in Wahlkreise teilen und Wahlrecht und Wählbarkeit unter
Festsetzung gewisser Ausschließungsgründe allgemein machen.
Freilich wird dieser Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts
in den meisten Einzelstaaten durchbrochen durch Einführung
indirekter Wahlen oder Klassenwahlen oder Zahlung eines
kleinen Steuerbetrags (z. B. Bayern, Sachsen und Hessen).
II. Wahlkreise. Stimmbezirke. Zum Zweck der
Wahl ist der Staat in Wahlkreise oder Wahlbezirke
eingeteilt, in der Regel durch Gesetz selbst, hie und da auch
(z. B. in Bayern und Sachsen) durch die Regierung. Die
Wahlkreise sind in Stimmbezirke geteilt, die in der
Regel eine oder mehrere Gemeinden, in größeren Städten
bestimmte Teile derselben umfassen. Die Ausübung des
Wahlrechts in einem Stimmbezirk ist von dem Wohnsitz
in demselben abhängig. In Württemberg treten zu den
in den Wahlkreisen gewählten Abgeordneten noch 17 Abge-
ordnete zweier Landeswahlkreise, von denen der erste den
Neckarkreis und den Jagstkreis umfaßt und 9 Abgeordnete
wählt, während der zweite den Schwarzwaldkreis und den
Donaukreis umfaßt und 8 Abgeordnete wählt. Die Wahl
dieser 17 Abgeordneten findet nach den Grundsätzen der
Verhältniswahl (Proportionalwahl, Proporz) gemäß den
Bestimmungen des Landtagswahlgesetzes vom 16. Juli 1906
(württ. Regierungsblatt 1906 S. 185) statt. Auch für
die Wahl der 6 Abgeordneten der Stadt Stuttgart ist
das Proportionalwahlverfahren eingeführt. Eine nähere
Beschreibung dieses verwickelten Wahlverfahrens ist im Rah-
men dieser Schrift unmöglich. Es genüge die Bemerkung,
daß dieses Wahlverfahren kein einheitliches System ist, son-
dern überall anders ausgestaltet ist.