156 VI. Abschnitt. Organisation des Reiches.
der Bevollmächtigten ist eine Regierungshandlung und unter—
liegt daher denselben Bestimmungen, denen Regierungs—
handlungen überhaupt unterliegen; s. § 22. Der Minister,
der die Instruktion erteilt oder gegengezeichnet hat, ist
dafür nach Maßgabe seines heimatlichen Verfassungsrechts
verantwortlich.
Der Bundesrat prüft die Legitimation der Bevoll—
mächtigten, nicht aber ihre Instruktionen; dafür, daß der
Bevollmächtigte seine Stimme instruktionsgemäß abgibt, ist
er nur seiner heimatlichen Regierung gegenüber verant—
wortlich.
III. Die Geschäftsbehandlung im Bunbesrat.
Vorsitz. Berufung, Eröffnung, Vertagung, Schlie-
szung. Maßgebend für die Geschäftsbehandlung im Bundes-
rat ist die Reichsverfassung und die innerhalb der Schranken
der Verfassung erlassene Geschäftsordnung, welche sich
der Bundesrat am 21. Februar 1871 gegeben hat (revidiert
am 26. April 1880, abgeändert am 31. Januar 1895).
Verfassungsmäßig ist der Bundesrat keine ständige,
sondern eine periodisch zusammentretende Versammlung.
Nach Artikel 12 der Reichsverfassung steht es dem Kaiser
zu, den Bundesrat zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen
und zu schließen; nach Artikel 13 findet ferner die Berufung
des Bundesrats alljährlich statt; auch kann der Bundes-
rat zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den Reichstag,
letzterer aber nicht ohne den Bundesrat berufen werden; die
Berufung des Bundesrats muß nach Artikel 14 ferner
erfolgen, wenn sie von einem Drittel der Stimmenzahl ver-
langt wird. Tatsächlich ist aber der Bundesrat längst zu
einer ständigen Versammlung geworden; die letzte formelle
kaiserliche Berufung erfolgte 1883.
Der Vorsitz im Bundesrat und die Leitung der Ge-
schäfte steht nach Artikel 15 der Reichsverfassung dem Reichs-
kanzler zu; ist derselbe verhindert und ist ein allgemeiner