Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

180 VI. Abschnitt. Organisation des Reiches. 
II. Die Gesetzgebung. Das Reichsland unterliegt 
natürlich der Reichsgesetzgebung in derselben Weise wie die 
Einzelstaaten. Elsaß-lothringische Landesgesetze, d. h. Ge— 
setze, deren Geltungsbereich nur das Reichsland sein soll, 
können auf doppelte Weise zustande kommen: 
1. Sie werden vom Reich, also vom Bundesrat und 
Reichstag erlassen; dem Kaiser liegt nur die Ausfertigung 
und Verkündigung ob. 
2. Das Reichsgesetz vom 2. Mai 1877 hat einen anderen 
Weg der elsaß-lothringischen Landesgesetzgebung als den 
regelmäßigen festgestellt. Danach steht die Gesetzgebung dem 
Kaiser zu; er bedarf aber der Zustimmung des Bundesrats 
und des elsaß-lothringischen Landesausschusses. Die Gesetz- 
entwürfe sind vom Staatsrat zu begutachten. 
3. Der Kaiser hat ferner die Befugnis, während der 
Reichstag nicht versammelt ist, Notverordnungen mit Zu- 
stimmung des Bundesrats zu erlassen; dieselben dürfen jedoch 
den im Wege der Reichsgesetzgebung erlassenen Gesetzen 
(1) nicht zuwiderlaufen und treten außer Wirksamkeit, wenn 
der Reichstag die nachträgliche Genehmigung nicht erteilt. 
III. Wer übt die Reichsgewalt im übrigen (ab- 
gesehen von der Gesetzgebung) im KReichsland aus? 
Kaiser, Statthalter, Staatssekretär. Inhaber der 
Staatsgewalt in Elsaß-Lothringen ist das Reich selbst; die 
Ausübung derselben ist aber dem Kaiser übertragen. Über 
die Beschränkungen desselben hinsichtlich der Gesetzgebung 
s. unter II. Kaiserlicher Minister für Elsaß-Lothringen ist 
aber nicht der Reichskanzler, sondern der in Elsaß-Loth- 
ringen residierende kaiserliche Statthalter; diesem liegt die 
Gegenzeichnung der Anordnungen und Verfügungen des 
Kaisers in elsaß-lothringischen Landesangelegenheiten ob; 
er übernimmt damit die Verantwortung. Allein der Statt- 
halter ist nicht bloß kaiserlicher Minister; vielmehr kann 
der Kaiser die Ausübung der ihm über Elsaß-Lothringen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.