Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 43. Elsaß-Lothringen. 181 
zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise dem Statthalter 
übertragen. Sofern der Kaiser von dieser Ermächtigung 
Gebrauch macht, — und dies ist geschehen — hat der 
Statthalter eine doppelte Stellung: 
1. Er hat die landesherrlichen Befugnisse des Kaisers, 
soweit sie ihm übertragen sind; 
2. er ist kaiserlicher Minister hinsichtlich derjenigen 
Angelegenheiten, für welche ihm die landesherrlichen Be- 
fugnisse vom Kaiser nicht übertragen sind. Als solcher hat 
er auch die außerordentlichen Gewalten, die das Reichs- 
gesetz vom 31. Dezember 1871 zuläßt, also namentlich das 
Recht, bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit alle Maß- 
regeln ungesäumt zu ergreifen, welche er zur Abwendung 
der Gefahr für erforderlich erachtet. Diese ministeriellen 
Befugnisse übt der Statthalter ohne Gegenzeichnung und 
unter eigener Verantwortlichkeit aus. Insoweit der Statt- 
halter aber landesherrliche Befugnisse ausübt, ist er frei 
von konstitutioneller Verantwortlichkeit; in diesen Fällen 
hat der Staatssekretär gegenzuzeichnen. 
Der Staatssekretär ist Vorstand des Ministeriums für 
Elsaß-Lothringen; dieses Ministerium zerfällt in Abteilungen 
mit Unterstaatssekretären an der Spitze. 
IV. Der Staatsrat besteht aus dem Statthalter, dem 
Staatssekretär, den Unterstaatssekretären, dem Präsidenten 
des Oberlandesgerichts, dem ersten Staatsanwalt bei diesem 
Gericht, sowie aus 8—12 vom Kaiser ernannten Mit- 
gliedern. Seine Aufgabe ist es, Entwürfe von Gesetzen, 
Ausführungsverordnungen und die ihm vom Statthalter 
überwiesenen Angelegenheiten zu begutachten. 
V. Der Landesausschuß hat eine den Landtagen 
der Einzelstaaten ähnliche Stellung: Er besteht aus 58 
Mitgliedern. 34 gehen aus Wahlen der Bezirkstage (s. VI) 
hervor, die übrigen aus Wahlen der Gemeinderäte. Der 
Landesausschuß hat namentlich folgende Rechte:
	        
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