Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

190 VII. Abschn. Gesetze, Verordnungen u. Verträge. 
1. Die Feststellung des Gesetzesinhalts ist 
Sache der Regierung und des Landtags. Beider Zustim— 
mung ist zu einem Gesetz erforderlich und ausreichend. Ob— 
wohl die Gesetzesentwürfe regelmäßig von der Regierung 
ausgehen, hat doch auch der Landtag, von wenigen Aus— 
nahmen abgesehen, das Initiativrecht; wo Zweikammer— 
system besteht, haben beide Kammern dieses Recht. Die 
Regierung kann die Gesetzentwürfe nach Belieben in der 
1. oder 2. Kammer einbringen; doch besteht hinsichtlich 
der Finanzgesetze oft die Verpflichtung, die Entwürfe zunächst 
der 2. Kammer vorzulegen. Die Kammern haben auch 
das Recht der Amendierung; doch hat die erste Kammer 
häufig dieses Recht nicht bei dem Staatshaushaltsetat, den 
sie nur im ganzen annehmen oder ablehnen kann. 
Die Landtage stimmen in der Regel mit einfacher 
Mehrheit ab, doch besteht für Verfassungsänderungen 
häufig die Vorschrift einer größeren Mehrheit oder sonstige 
erschwerende Vorschriften. 
2. Die Sanktion ist ein Recht des Monarchen; be- 
züglich der zeitlichen Beschränkung herrscht derselbe Streit, 
der bezüglich der Reichsgesetze besteht; s. 1I, 2. 
3. Die Ausfertigung ist ebenfalls Recht des Mo- 
narchen. 
4. Die Verkündigung endlich steht gleichfalls dem 
Monarchen zu; einige Verfassungen schreiben vor, daß bei 
der Verkündigung die Zustimmung des Landtags zu er- 
wähnen ist. Für die Verkündigung bestehen jetzt überall 
besondere Gesetzesblätter (Regierungsblatt, Gesetzessamm- 
lung). Das Gesetz tritt mit dem Tag der Verkündigung 
in Kraft; häufig finden sich aber besondere Vorschriften 
über den Tag der Inkraftsetzung, sei es in den Verfassungen 
oder in den einzelnen Gesetzen. 
III. Das Verhältnis der Reichs= und TLandes- 
gesetzgebung ist in Artikel 2 der Reichsverfassung ge-
	        
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