Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 54. Finanzwesen. 219 
larbeiträge zu bezahlen. Ebenso nimmt z. B. Bayern und 
Elsaß-Lothringen an den Ausgaben für das Bundesamt 
für das Heimatwesen nicht teil, da diese Behörde auf dem 
Gebiet des Armenwesens tätig ist, und das Reichsgesetz 
über den Unterstützungswohnsitz, welches das Armenwesen 
regelt, in diesen Ländern nicht gilt. 
III. Die Finanzverwaltung der Einzelstaaten. 
Auch die Einzelstaaten haben die verfassungsrechtliche Be- 
stimmung, daß alle Einnahmen und Ausgaben des Staats 
der Zustimmung der Volksvertretung bedürfen. Das Staats- 
haushaltsgesetz (Etatsgesetz, Finanzgesetz) gilt für die Finanz- 
periode (Etatsperiode, Budgetperiode), die ein oder mehrere 
Jahre umfaßt. Das Zustimmungsrecht der Volksvertretung 
zur Feststellung des Etats ist aber kein durchaus freies, 
sondern an die bestehenden Gesetze und Einrichtungen ge- 
bunden. Nur soweit die Gesetze keine Verpflichtung fest- 
stellen, ist für eine freie Vereinbarung zwischen Regierung 
und Volksvertretung Platz. Die übliche Formel: „Der 
Landtag bewilligt den Gehalt des Ministers und dergl.“ 
ist deshalb als eine schiefe, Mißverständnissen Raum gebende 
Fassung zu bezeichnen. Der Landtag muß den Minister- 
gehalt bewilligen, denn die Höhe desselben beruht auf Gesetz, 
die Anstellung des Ministers aber auf dem ausschließlichen 
Willen der Krone. Eine Ablehnung des Budgets ist also 
nur insoweit zulässig, als es sich nicht um Ausgaben handelt, 
die auf Gesetzen beruhen. 
Die Regierungen haben behufs ihrer Entlastung dem 
Landtag Rechnung zu legen. Mit der Vorprüfung der 
Rechnungen ist in den größeren Staaten eine besondere 
Behörde, die Oberrechnungskammer betraut. Eine besondere 
Kontrolle übt der Landtag häufig über die Staatsschulden- 
verwaltung; mitunter ist dieselbe überhaupt ständisch.
	        
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