24 I. Abschnitt. Begriffe und Quellen des Staatsrechts.
Im wesentlichen ist die Frage eine Streitigkeit über Be-
griffe, die uns in dieser Schrift nur insoweit berühren
kann, als praktische Folgerungen in Frage stehen.
XIII. Kompetenz heißt Zuständigkeit. Ein staat-
liches Organ ist zu etwas kompetent heißt also: es hat die
verfassungsmäßige Berechtigung, dies zu tun. Man liest
mitunter auch den Ausdruck: Kompetenz-Kompetenz;z so sagt
man, daß das Reich die Kompetenz-Kompetenz habe. Das
soll heißen, daß das Reich die Kompetenz hat, seine eigene
Kompetenz festzustellen, daß es befugt ist, die Grenzen seiner
Zuständigkeit nach eigenem Ermessen zu ziehen. Der Gegen-
satz hiezu ist die Kompetenz der Einzelstaaten. Diese können
ihre eigene Zuständigkeit nicht erweitern, können nicht ein-
mal die gegenwärtige Zuständigkeit aus eigener Macht-
vollkommenheit wahren. Ihre Zuständigkeit wird vielmehr
einseitig durch die Organe des Reichs (Bundesrat und
Reichstag) festgestellt, soweit nicht Sonderrechte in Frage
stehen; s. hierüber § 7, II und IV.
XIV. Korm heißt jede rechtliche Vorschrift, gleich-
gültig ob sie aus der Verfassung, den Gesetzen oder Ver-
ordnungen sich ergibt, oder auf Gewohnheitsrecht beruht.
Normieren heißt „rechtlich regeln“.
XV. Hatrimonium; patrimonial. Patrimonium
(lateinisch) bedeutet in wörtlicher Übersetzung das vom Vater
Ererbte. Wenn man von patrimonialer Herrschaft spricht,
so meint man also damit, daß die Herrschaft über ein Land
ausgeübt wird, wie man die Herrschaft über die väterliche
Erbschaft, also über einen Vermögensbesitz ausübt, mit
anderen Worten: Diejenigen Befugnisse des Herrschers,
die nach unserer modernen Auffassung öffentlich-rechtliche
sind, sind nach patrimonialer Auffassung zivilrechtliche.
XVI. Säkularisation. Säculum (lateinisch) bezeichnet
im Kirchenrecht das bürgerliche Leben und die bürger-
liche Gesellschaft im Gegensatz zur Kirche und zur Geistlich-