Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

87. Rechte der Einzelstaaten. 37 
87. Die Rechte der Sinzelltaaten. Sondervrechte. 
I. Mitgliedschaftsrechte. Damit das Reich seine 
staatlichen Aufgaben erfüllen kann, mußten den Einzelstaaten 
eine Reihe von Hoheitsrechten entzogen und auf das Reich 
übertragen werden. Daraus ergibt sich das Recht der 
Einzelstaaten und ihrer Angehörigen darauf, daß das Reich 
nunmehr diejenigen staatlichen Aufgaben erfülle, welche die 
Einzelstaaten infolge des Verlustes jener Hoheitsrechte nicht 
mehr besorgen können. Diese Rechte ergeben sich also 
aus der Mitgliedschaft der Einzelstaaten am 
Reich. Solche Rechte sind z. B. der Anspruch jedes Staates 
auf den diplomatischen und militärischen Schutz gegen Rechts- 
verletzungen seitens des Auslandes und seitens anderer 
Bundesstaaten, sowie der Anspruch darauf, daß das Reich 
die ihm obliegende Pflege der Wohlfahrt des deutschen 
Volks (Eingang zur Reichsverfassung) allen zum Reich ge- 
hörenden Staaten gleichmäßig angedeihen läßt. Diesen 
Rechten entsprechen die Pflichten der Einzelstaaten zur 
anteilmäßigen Tragung der militärischen und finanziellen 
Lasten. 
Die Mitgliedschaft am Reich begründet für die Einzel- 
staaten ferner das Recht, an den Organen des Reichs teil- 
zunehmen (verfassungsmäßige Stimmenzahl im Bundesrat, 
Vertretung der Bevölkerung im Reichstag nach dem Reichs- 
wahlgesetz, Bekleidung von Reichsämtern unter denselben Be- 
dingungen wie die Angehörigen anderer Staaten). 
II. Sonberrechte (in der Sprache der Wissenschaft 
auch jura singularia genannt). Die einzelnen Bundes- 
staaten haben in ihrem Verhältnis zum Reich grundsätzlich 
gleiche Rechte und Pflichten. Die Reichsverfassung und die 
Reichsgesetzgebung kennt aber Abweichungen von diesem 
Grundsatze; sie spricht einige bestimmte Rechte gewissen 
Bundesstaaten zu, welche die übrigen Bundesstaaten nicht
	        
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