64 III. Abschnitt. Land und Volk.
des Reichsstrafgesetzbuchs ein Deutscher einer ausländischen
Regierung zur Verfolgung oder Bestrafung nicht überliefert
werden. Der Ausländer dagegen hat kein Recht, in Deutsch-
land zu wohnen; er ist nur geduldet, sofern nicht einzelne
Niederlassungsverträge etwas anderes bestimmen.
II. Schutz im Ausland. Nach Art. 3 Abs. 6 der
Reichsverfassung haben alle Deutsche dem Ausland gegen-
über Anspruch auf den Schutz des Reichs. Verwirklicht wird
dieser Anspruch durch die diplomatischen und konsularischen
Vertreter, am Ende durch Heer und Flotte.
III. Die öffentlichen Rechte haben im Leben des
deutschen Volks während des vergangenen Jahrhunderts
eine große Rolle gespielt. Solange die Bewegungen auf
Herstellung und Einrichtung konstitutioneller Verfassungen
in Deutschland im Vordergrund des öffentlichen Interesses
standen, wurden sie auch in der staatsrechtlichen Wissen-
schaft eingehend und besonders behandelt und zwar als
Ausfluß der Staatsangehörigkeit. In die Verfassungsur-
kunden der deutschen Einzelstaaten sind die öffentlichen Rechte
oder wenigstens ein großer Teil derselben besonders aufge-
nommen worden, nicht aber in die Verfassung des Deutschen
Reichs. „Wir haben,“ so führte der Abgeordnete Waldeck
bei Beratung der Norddeutschen Bundesverfassung aus,
„einen großen Teil dieser Grundrechte in der preußischen
Verfassung und wir haben die Erfahrung gemacht, daß sie
nur insofern von einigem Wert für das deutsche Volk sind,
als sie sich durch die Organisation und Gesetzgebung in Fleisch
und Blut verkörpern.“
Die öffentlichen Rechte haben nunmehr einen wirksamen
Schutz in der Reichsgesetzgebung erhalten. Seit der alte Polizei-
staat, der den Bürger unnütz bevormundete, dem Rechts= und
Wohlfahrtsstaate Platz gemacht hat, haben die öffentlichen
Rechte im wesentlichen ihre politische Zugkraft verloren.
Die Gesetzgebung wandelt heute auf ganz anderen Bahnen;