8 15. Einzelne Freiheitsrechte. 69
Zwangsenteignung von Grundstücken. Polizeiliche Anord-
nungen haben gelegentlich zur Folge, daß Private in ihren
Vermögensverhältnissen geschädigt werden, insofern als sie
in Ausübung ihrer Privatrechte beschränkt werden. Für
derartige Eingriffe wird in der Regel keine Entschädigung
gewährt; ein Anspruch besteht nur insoweit, als er aus-
nahmsweise durch Gesetz festgelegt ist. In diesem Zusammen-
hang sind auch die Reichsgesetze betreffend die Entschädigung
der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen
von 1898 und betreffend die Entschädigung für unschuldig
erlittene Untersuchungshaft von 1904 anzuführen.
Die Gesetzgebung kann auch wohlerworbene Rechte
schmälern oder aufheben und muß es oft im Interesse
des Fortschritts tun. Ein Entschädigungsanspruch liegt auch
hier nur vor, wenn er durch das Gesetz besonders aner-
kannt ist.
V. Freizügigkeit. Haßfreiheit. Auswanderungs-
freiheit. Freizügigkeit ist die natürliche Möglichkeit des
freien Zugs, der freien Bewegung und der Veränderung
des Aufenthalts sowohl innerhalb des Staats, welchem man
rechtlich angehört, als auch die Möglichkeit des freien Zugs,
der Wanderung über die Grenzen des Heimatstaates hinaus
in das Ausland mit oder ohne Aufgabe der Staatsange-
hörigkeit. Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb des
Reichsgebiets an jedem Ort sich aufzuhalten und nieder-
zulassen. Beschränkt ist dieses Recht aus sicherheitspolizei-
lichen und armenpolizeilichen Gründen. Personen näm-
lich, welche gewisse Strafen erlitten haben, können nicht
nur aus den Gemeinden, sondern auch aus den Bun-
desstaaten, denen sie nicht angehören, auf bestimmte
Zeitdauer ausgewiesen werden. Außerdem sind die Ge-
meinden befugt, Personen, welche sich in der Gemeinde
nicht durchbringen können, bei ihrem Anzuge ab-
zuweisen oder nach ihrem Anzuge auszuweisen. Verpflichtet