8 19. Verfassungsformen im allgemeinen. 81
einer Gesamtheit bevorzugter Personen geführt wird. Die
Monarchien teilt man ein in absolute Monarchien, wenn
der ausschließliche Wille des Herrschers Gesetz ist, und in
konstitutionelle Monarchien, wenn dem Volk ein
Mitwirkungsrecht bei den wichtigeren Regierungshand—
lungen, namentlich in der Gesetzgebung eingeräumt ist.
Das Wort Repräsentativverfassung hat eine
doppelte Bedeutung:
1. im Gegensatz zu denjenigen Verfassungen, wo das
Volk seinen Willen unmittelbar zum Ausdruck bringt (z. B.
in der Schweiz), wird bei der Repräsentativverfassung der
Volkswille durch eine Vertretung zum Ausdruck ge—
bracht;
2. im Gegensatz zur ständischen Vertretung bezeich—
net Repräsentativverfassung dasjenige System für die Bil—
dung der Volksvertretung, wonach für die Wahl nur die
Staatsbürger als Gesamtheit, ohne Rücksicht auf die gesell—
schaftliche Gliederung in Betracht kommen.
II. Das Deutsche Reich. Die Verfassung des Deutschen
Reichs läßt sich in keine der von der Wissenschaft aufge—
stellten Arten zwanglos eingliedern. Ihre Eigenart ver—
dankt sie der Verbindung von 25 in der Hauptsache monar-
chischen Einzelstaaten zu einem Bundesstaat und der not-
wendigen Vereinigung von sich widersprechenden Dingen.
Bei ihrer Schaffung galt es nämlich, die kraftvolle Leitung
der Reichsangelegenheiten mit der Teilnahme sämtlicher Ein-
zelstaaten an der Regierung des Reichs zu verbinden und die
notwendige Einheit des deutschen Volkes bei Aufrechterhal-
tung der Selbständigkeit der Einzelstaaten zu sichern. Man
konnte die 25 Einzelstaaten, die bis dahin souverän gewesen
waren, nicht einfach zubloßen Verwaltungsbezirken des Reichs
herabdrücken; abgesehen von der Frage, ob auf friedlichem Wege
diese Lösung gelungen wäre, würde jedenfalls bei den Einzel-
staaten das Gefühl der Zurücksetzung, der Unmut über die ver-
Bazille, Reichsverfassung 2c. 6