Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 22. Der Monarch. 89 
Daraus läßt sich jedoch nicht folgern, daß die Macht des 
Monarchen eine schrankenlose ist; er ist vielmehr bei Aus- 
übung seiner Rechte teils an die Beobachtung gewisser For- 
men, teils an die Mitwirkung anderer Organe gebunden. 
Allein während den anderen Staatsorganen nur diejenigen 
Befugnisse zustehen, welche ihnen durch Verfassung und 
Gesetz ausdrücklich übertragen sind, hat der Monarch alle 
diejenigen Herrschbefugnisse, die ihm nicht ausdrücklich ent- 
zogen sind. 
III. Die Regierungsrechte des Monarchen. Das 
Recht zu herrschen kommt zur Ausübung durch die Regie- 
rung, welche von dem Monarchen nach Maßgabe der Ver- 
fassung geführt wird. Als Träger der Staatsgewalt hat 
der Landesherr Anspruch darauf, daß ihm persönlich der 
Treueid geleistet wird; derselbe ist übrigens vielfach außer 
Übung gekommen. Die Gesetze tragen die Form fürstlicher 
Befehle (z. B. „Wilhelm II., von Gottes Gnaden König von 
Württemberg. Nach Anhörung Unseres Staatsministeriums 
und unter Zustimmung Unserer getreuen Stände verordnen 
und verfügen Wir, wie folgt:“.). Der Monarch beruft und 
entläßt den Landtag; die Regierungsvorlagen gehen von 
ihm aus. Er ernennt und entläßt die Minister aus eigener, 
freier Entschließung; der Landtag hat auf die Minister- 
ernennung keinen rechtlichen Einfluß; selbst einem einstimmig 
gefaßten Mißtrauensvotum des Landtags gegenüber ist der 
Monarch nicht verpflichtet, die Minister zu entlassen. Diese 
Bestimmung der deutschen Verfassungen steht im Gegensatz 
zu den Ländern mit sogenannter parlamentarischer Regie- 
rung. Dem Monarchen steht ferner die vollziehende Gewalt 
zu (die sog. Exekutive im Gegensatz zur Legislative- 
Gesetzgebung), d. h. die Ausführung der Gesetze; er ernennt, 
ermächtigt und beaufsichtigt die Beamten, die an seine Wei- 
sungen gebunden sind, soweit nicht, wie z. B. bei den 
Richtern, Ausnahmen gemacht sind. Die gerichtlichen Urteile
	        
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