96 V. Abschn. Organ. d. monarch. Staaten. 1. Kap. Krone.
nämlich in dem nunmehr entschiedenen Streit über das
Thronfolgerecht des Hauses Schaumburg-Lippe in dem
Fürstentum Lippe, wurde die Frage verhandelt, ob die
Thronfolgeordnung und die auf ihr beruhenden Rechte der
Agnaten freier staatsgesetzlicher Regelung unterliegen oder
ob zur Regelung dieser Fragen neben dem Staatsgesetz auch
noch die Zustimmung der Agnaten erforderlich ist. Nach
der älteren Auffassung wurde nämlich eine Abänderung
der über die Thronfolge bestehenden Grundsätze nur mit
Zustimmung aller Agnaten für zulässig erachtet, weil da—
durch wohlerworbene Rechte derselben berührt werden
könnten. Für das heutige Staatsrecht gilt aber dieser Grund-
satz nicht mehr, da wohlerworbene Rechte keine Schranke
für die Staatsgesetzgebung bilden. Deshalb unterliegt nach
heutigem Recht die Regelung der Thronfolgeordnung ganz
ausschließlich der staatlichen Gesetzgebung. Nur wenn ein
Staatsgesetz nicht zustande kommt und die bisherigen Staats-
gesetze einschließlich der Verfassungen keine oder unzu-
reichende Bestimmungen über die Thronfolge enthalten, gilt
das Hausrecht. Abänderungen der Thronfolgeordnungen
können in diesen Fällen auch im Hausgesetze erfolgen, soweit
nach dem Recht der Einzelstaaten die Hausgesetze autonom,
d. h. durch die fürstliche Familie allein abgeändert werden
können.
III. Die Fähigkeit zur Thronfolge ist nach den
deutschen Verfassungen bedingt durch Abstammung aus einer
ebenbürtigen, mit Genehmigung des regieren-
den Fürsten geschlossenen, rechtsgültigen Ehe.
Über das Erfordernis der Ebenbürtigkeit s. IV. Das Erfordernis
der Einwilligung des Monarchen ist entweder in den Landes-
oder Hausgesetzen ausgesprochen oder durch die Observanz
(Herkommen) des Hauses verlangt. Die Folge der fehlen-
den Einwilligung ist die Unfähigkeit der Nachkommenschaft