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23. JULI
Der englische Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey,
an den britischen Botschafter in Wien, Sir M. de Bunsen.
Blaubuch Nr.>5.
London.
Graf Mensdorff ') sagte mir heute, dass er morgen früh in
der Lage sein werde, mir offiziell die Mitteilung zukoinmen zu
lassen, die, wie er meinte, heute von Oesterreich an Serbien ge-
richtet wiürde. Dann erklärte er mir privat, welcher Art die
Forderungen sein würden. Da er mir sagte, dass die Tatsachen
alle in dem Schriftstück, das er mir morzen überreichen wird,
dargelegt seien, ist es unnötig, sie jetzt anzuführen. Ich ver-
stand, dass sie den Beweis der Mitschuld einiger serbischer
Beamter an der Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand
enthalten würden und eine lange Liste der daraus gefolgerten
Forderungen Oesterreichs an Serbien.
Im Hinblick darauf sagte ich, dass ich über diesen Gegen-
stand keinerlei Bemerkungen machen könne, solange ich nicht
die offizielle Mitteilung erhalten hätte und dass ich über diesen
Gegenstand wahrscheinlich auch keine Bemerkung auf den
ersten Blick machen könne.
Grey bedauert Aber als Graf Mensdorff mir sagte, dass es sich seiner
die Befristung Vermutung nach um eine Art von Befristung handle,
henden Note. was tatsächlich einem Ultimatum gleichkäme, sprach iclı
darüber grosses Bedauern aus. Wenn man mit einer Befristung
beginne, so könne das (die öffentliche Meinung in Russland
entflammen und es wäre dann schwierig, wenn nicht unmöglich,
eine längere Frist zu bewilligen, selbst wenn es sich nach
Bib. Nr. 3. !) Oesterreichisch-ungarischer Botschafter in London.