26. Juli 175
Der deutsche Reichskanzler, von Bethmann Hollweg, an den
deutschen Botschafter in St. Petersburg, Graf Pourtal£s.
Weissbuch, Denkschrift.
Berlin.
Vorbereitende militärische Massnahmen Russlands wer-
den uns zu Gegenmassregeln zwingen, die in der Mobilisierung
der Armee bestehen müssen. Die Mobilisierung aber
bedeutet den Krieg. Da uns Frankreichs Verpflichtun-
sen gegenüber Russland bekannt sind, würde diese Mobili-
sierung gegen Russland und Frankreich zugleich gerichtet sein.
Wir können nicht annehmen, dass Russland
einensolchen europäischen Krieg entifiesseln
will. Da Oesterreich-Ungarn den Bestand des serbischen
Königreichs nicht antasten will, sind wir der Ansicht,
dass Russland eine abwartende Stellung einnehmen kann. Den
Wunsch Russlands, den Bestand des serbischen Königreichs
nicht in Frage stellen zu lassen, werden wir um so eher unter-
stützen können, als Oesterreich-Ungarn diesen Bestand gar
nicht in Frage stellt. Es wird leicht sein, im weiteren Verlauf
der Angelegenheit die Basis einer Verständigung zu finden.!)
Der österreichisch-ungarische Botschafter in St. Petersburg,
Graf Szäpäry, an den Minister des Aeusseren, (Graf
Berchtold.
Rotbuch Nr. 28.
St.Petersburg.
Aus Anlass von Gerüchten über russische Mobilisierungs-
massnahmen hat Graf Pourtalös den russischen Minister in der
ernstesten Weise darauf aufmerksam gemacht, dass heutzutage
Mobilisierungsmassnahmen als diplomatisches Druckmittel
höchst gefährlich seien. Denn in diesem Falle gelange die rein
militärische Erwägung der Generalstäbe zum Wort und wenn
in Deutschland einmal auf den Knopf gedrückt werde, sei die
Sache unaufhaltsam. Herr Sasonow versicherte dem deutschen
Botschafter unter Ehrenwort, dass die bezüglichen Gerüchte
Wb., Denkschrift. ') Nach dieser Demarche des deutschen
Botschafters durfte man sich in Russland keinerlei Täuschung mehr
über den furchtbaren Ernst einer russischen Mobilmachung hingeben.
Mobilisierte Russland trotzdem, so waren es nicht spätere Vorstel-
lungen Deutschlands, die zum Kriege führten, sondern diese im vollen
Bewusstsein ihrer Folgen angeordnete Mobilisation.
Deutschland
kündigt in St.
Petersburg Ge-
genmassre-
celn an und
warntvoreiner
Verschärfun
der Lage, die
durch nichts
berechtigt sei.