Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

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l. «Ein moralisch geschwächtes, durch das Vordringen des 
russischen Panslawismus zusammenbrechendes Oesterreich wäre für 
uns kein Bundesgenosse mehr, mit dem wir rechnen und auf den wir 
uns verlassen könnten, wie wir es angesichts der immer drohender 
werdenden Haltung unserer östlichen und westlichen Nachbarn müssen. 
Wir liessen daher Oesterreich völlig freie Hand in seiner Aktion gegen 
Serbien. Wir haben an den Vorbereitungen dazu nicht teilgenommen.» 
2. «Vom ersten Augenblick des Konfliktes an haben wir auf 
dem Standpunkt gestanden, dass es sich hierbei um eine Angelegen- 
heit Oesterreichs handelte, die es allein mit Serbien zum Austrag zu 
bringen haben würde. Wir haben nachdrücklich den Standpunkt ver- 
treten, dass kein Kulturvolk das Recht habe, in diesem Kampf gegen 
Unkultur und politische Verbrechermoral Oesterreich in den Arm zu 
fallen und die Serben ihrer gerechten Strafe zu entziehen. » 
3. «Getreu unserem Grundsatz, dass eine Vermittlungsaktion 
sich nicht auf den lediglich eine österreichisch-ungarische Angelegen- 
heit darstellenden österreichisch-serbischen Konflikt, sondern nur auf 
das Verhältnis zwischen Oesterreich-Ungarn und Russland beziehen 
könnte, haben wir unsere Bemühungen fortgesetzt, zwischen diesen 
beiden Mächten eine Verständigung herbeizuführen. » 
4. «Die russische Regierung hat durch ihre die Sicherheit des 
Reiches gefährdende Mobilmachung die mühsame Vermittlungsarbeit 
der europäischen Staatskanzleien kurz vor dem Erfolge zerschlagen. 
Die Mobilisierungsmassregeln, über deren Ernst der russischen Regie- 
rung von Änfang an kein Zweifel gelassen wurde, in Verbindung mit 
ihrer fortgesetzten Ableugnung zeigen klar, dass Russland den Krieg 
wollte. » (Denkschrift des Weissbuches.) 
5. «Die Verantwortung an diesem grössten aller Kriege liegt 
für uns klar. Die äussere Verantwortung tragen diejenigen Männer in 
Russland, die die allgemeine Mobilisierung der russischen Armee be- 
trieben und durchgesetzt haben. Die innere Verantwortung liegt bei 
der grossbritannischen Regierung. Das Londoner Kabinett konnte den 
Krieg unmöglich machen, wenn es unzweideutig in Petersburg erklärte, 
England sei nicht gewillt, aus dem österreichisch-serbischen Konflikte 
einen kontinentalen Krieg der Grossmächte herauswachsen zu lassen. 
Eine solche Sprache hätte auch Frankreich gezwungen, Russland 
energisch von allen kriegerischen Massnahmen abzuhalten. Dann aber 
gelang unsere Vermittlungsaktion zwischen Wien und Petersburg, und 
es gab keinen Krieg. England hat das nicht getan. England kannte die 
kriegslüsternen Treibereien einer zum Teil nicht verantwortlichen, aber 
mächtigen Gruppe um den Zaren. Es sah, wie das Rad ins Rollen kam, 
aber es fiel ihm nicht in die Speichen. Trotz aller Friedensbeteue- 
rungen gab London in Petersburg zu verstehen, England stehe auf 
Seite Frankreichs und damit auch Russlands.»
	        
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